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Erinnerungen an Waslala von Ewald Setzer

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Erinnerungen von Ewald Setzer an eine lange und teilweise abenteuerliche Reise

Zwei Jahre nach der offiziellen Städtepartnerschaft zwischen Dorsten und Waslala/Nicaragua absolvierte der damalige Bürgermeister Heinz Ritter (SPD) im November 1987 seinen Antrittsbesuch in der mittelamerikanischen Stadt. Als kleine Delegation begleiteten ihn Heinzbert Peters (Ratsmitglied der Grünen), Gerd Bornefeld (evangelischer Pfarrer in Hervest) und Ewald Setzer (Redaktionsleiter der WAZ Dorsten).

Die Einweihung der Avenida Dorsten, der Hauptstraße von Waslala: Heinzbert Peeters (r.) im Gespräch mit dem örtlichen Bankdirektor. In der Mitte Dorstens Bürgermeister Heinz Ritter. Foto: E. Setzer

Andere Welt

Nicht nur die lange, teilweise abenteuerliche Reise unterschied diese Partnerstadt-Visite von andren. Eine völlig andere Welt empfing die Dorstener, geprägt von Armut, Schlichtheit, aber auch einer ungewöhnlichen Herzlichkeit entwickelten sich besonders bleibende Eindrücke.

Kochstelle und nur ein Schlafraum

Das Programm der wenigen Tage war dichtgedrängt, wobei es vor allem die ersten Ergebnisse der bisherigen partnerschaftlichen Hilfe präsentiert wurden. Um nur einige zu nennen: der Bau eines Brunnens in den Bergen mit Wasserleitung in die Stadt, um fließendes Wasser zu garantieren, die Neuanlage des Schlachtplatzes am Fluss – nicht vor der Bade- und Waschstelle, sondern dahinter, die Errichtung von Häusern für Bürgerkriegswitwen und ihre Familien.

Wobei der Begriff „Haus“ relativiert betrachtet werden muss: Manche Gartenlaube in Deutschland ist komfortabler ausgestattet als diese „Häuser“, die aus der Kochstelle und einem Schlafraum bestehen, aber über ein festes Dach als Regenschutz verfügen.

Krankenhaus wie ein Feldlazarett

Besonders in Erinnerung geblieben ist die aber die katastrophale medizinische Versorgung. Das Krankenhaus in Waslala – das einzige in weitem Umkreis – entsprach nicht einmal den Bedingungen eines Feldlazaretts. Weder die medizinischen noch die hygienischen Verhältnisse entsprachen einer Mindestnorm für eine Gesundheitsfürsorge. Dennoch nahmen die kranken Menschen aus dem Umland zum Teil drei Tagesritte auf sich, um ärztlich versorgt zu werden.

Recht stolz präsentierten die jungen Ärzte ihren Arzneischrank: So groß wie ein Spiegelschrank in den hiesigen Badezimmern. Ein Röntgengerät, das von den Amerikaner nach dem Einsatz in Vietnam gespendet worden war, benutzte man nur bei besonders schweren Brüchen: Die Strahlendosis lag im gesundheitsgefährdenden Bereich

Getrocknete Kräuter

Operationen erfolgten bei Tageslicht, das Stromaggregat kam nur bei Notfällen zum Einsatz. Dass die Ärzte trotz dieser Umstände nicht ihre Lebensfreude verloren hatten, bewiesen sie mit einem abendlichen Gitarrenkonzert für die Dorstener Gäste.

Noch eine Anmerkung zum Gesundheitswesen: In Matagalpa, der Provinzhauptstadt, zeigte uns die Leiterin einer Schule, in der junge Frauen als Gesundheitshelferinnen für die verstreuten Außensiedlungen ausgebildet wurden, ihren Fundus an Medikamenten: Auf dem Dachboden trockneten in großen Haufen verschiedene Kräuter, die als alleiniges Mittel zur Linderung von unterschiedlichen Beschwerden abseits der Zivilisation eingesetzt werden konnten.

Aus der DDR

Allein der Wille zur Hilfe brachte nicht immer den gewünschten Erfolg. So präsentierte in einer Schule ein Lehrer ein ganzes Arsenal an chemischen Gerätschaften, die aus der damaligen DDR stammten. Sie erwiesen sich aber als nicht brauchbar, weil lediglich eine deutsche Gebrauchsanweisung dabei lag.

Nachhaltige Projekte in Waslala

Ein anderes Beispiel berichtete der Leiter einer Kaffeeplantage. Viele junge Leute wollten bei der Ernte helfen. Da es aber einer gewissen Geschicklichkeit, Schnelligkeit und Kenntnis des Reifestandes der Bohnen bedurfte, erwiesen sie sich eher als hinderlich für ein gutes Ernteergebnis.
Um solche oder ähnliche Fehler bei der partnerschaftlichen Hilfe zu vermeiden, begleiten die Stadt Dorsten und der Freundeskreis Nicaragua seit vielen Jahren erfolgreich konkrete nachhaltige Projekte in Waslala.
Was nach 30 Jahren in Erinnerung bleibt: Die herzliche Gastfreundschaft von armen, aber fröhlichen Menschen, die noch viele Jahre auf konkrete Hilfe ihrer Partner angewiesen sein werden, um eine Infrastruktur zu schaffen, die ihrem liebenswerten Niveau entspricht.

Ewald Setzer

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