Tisa von der Schulenburg-Stiftung – Preis 2017
Von der 89 Bewerbungen aus dem ganzen Bundesgebiet für den diesjährigen Tisa von der Schulenburg-Preis, der in Kooperation mit dem Kulturbüro von der Tisa-Stiftung vergeben wird hat die Jury einstimmig Johanna Tiedtke als Preisträgerin ausgewählt.
In der letzten Runde der Auswahl waren aber auch zwei Mitbewerberinnen der Jury aufgefallen, deren Arbeiten ebenfalls großen Eindruck hinterließen. Sehr beachtet wurden die Bewerbungen von Zainab Haidary aus Bremen und Katrin Bertram aus München.
In einem gut vierstündigen Sichtungs- und Diskussionsmarathon war sich die Jury zum Schluss dann einig.
Für Dr. Susanne Meyer-Büser (Kuratorin, Stiftung Kunstsammlung NRW), Joanna Schulte (freischaffende Künstlerin und Tisa-Preisträgerin 2011), Marius Babias (Leiter des Neuen Berliner Kunstvereins), Dr. Hans Jürgen Schwalm (Leiter der Kunsthalle Recklinghausen) und Dr. Rüdiger Fenne (Mitglied des Kuratoriums der Tisa-Stiftung und Kunstsammler) war die Entscheidung für Johanna Tiedtke in Hinblick auf ihre Kunst, die für unausgesprochene persönliche und gesellschaftliche Prägungen eine Sprache sucht, dann klar.
Verluste und Traumata
Die Künstlerin fühlt sich dem Schicksal der Frauen in ihrer Familie eng verbunden. Die individuellen Verluste und Traumata dieser Frauen durch Krieg, Tod und Entbehrungen stehen für die Geschichte aller Frauen in diesem Land in der Kriegs- und Nachkriegszeit. Das, was Mütter, Groß- und Urgroßmütter und Tanten widerfuhr und ihre Leben und Arbeiten prägte, tradierte sich wortlos generationsübergreifend auf Kinder und Kindeskinder.
Sprachlosigkeit überwinden
Um für das Unausgesprochen eine künstlerische Sprache zu finden und so die Sprachlosigkeit zu überwinden durchbricht Johanna Tiedtke die Grenzen künstlerischer Muster. Sie kommt aus der Malerei, aber die Verwendung unterschiedlicher Materialien, Mischtechniken, der Nutzung von Fotografie und Computer und vieles mehr sucht nach immer neuen Ausdrucksmöglichkeiten.
Ihr Ringen, wie Folgegenerationen die ererbten Traumata durch Sichtbarmachung in Kunst und Sprache auflösen können, ist sicherlich für eine Region, die durch Krieg und wirtschaftliche Umstrukturierung große Verunsicherungen erfährt, ein wertvoller Impuls.
Johanna Tiedtke wurde in Eckernförde geboren und lebt heute in Berlin. Sie hat nach ihrem Studi-um in Hamburg und New York ihre Arbeiten in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen gezeigt.
Sie konnte schon eine Reihe von Stipendien gewinnen und arbeitet in diesem Rahmen z.Zt. auch in New York.
Für die Preisträgerin und die Stiftung wird es jetzt an eine intensive Suche gehen, um in Dorsten einen passenden Ort für die Preisverleihung zu finden. Da die Übergabe des Preises auch mit einer Präsentation ihrer Arbeiten verbunden ist, muss eine Ausstellungsmöglichkeit gefunden werden, die den technischen Anforderungen dann auch entspricht. Auf diese sicherlich spannende Auseinandersetzung, wie Vergangenheit nicht traumatische und lähmende Belastung bleibt und Zukunft optimistisch gestaltbar wird, darf sich Dorsten freuen. Foto: privat