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Riga in einem neuen Klima

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Blick bei Sonnenuntergang über Riga. Im Vordergrund die Zentralmarkt Hallen und weiter hinten die Altstadt. Foto: Alexander Fichtner

Seit neun Jahren besucht unser Reporter Alexander Fichtner regelmäßig das Baltikum und besonders Riga, die Hauptstadt Lettlands. Dieses Jahr war er zum ersten Mal im Sommer in der Stadt. „Mir bietet sich eine neue Seite“, sagt er. Hier ist Teil eins seiner Serie „Reise durch das Baltikum“

Das erste Mal besuchte ich Riga Ende September im Jahr 2013. Wenn ich drauf zurückblicke, erinnere ich mich besonders an viel Regen an diesen Tagen und eine Hauptstadt, die mich durch ihre Gegensätze sofort in ihren Bann zog. Dieses Jahr im August war ich zum ersten Mal im Sommer und nach Corona in der Stadt und entdeckte Riga und das Baltikum neu für mich. Mit etwas Abstand auf den Trip stelle ich fest, es hat sich einiges verändert, aber viel ist mir noch immer vertraut. Man merkt, dass vieles im Wandel befindet, wenn man auf die Geschichte zurückblickt.

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Typische Holzhäuser finden sich noch immer in Riga wie hier im Stadtteil Latgale. Viele der Häuser in der „Moskauer Vorstadt“ sind noch aus der Zarenzeit und stehen unter Denkmalschutz. Foto: Alexander Fichtner

Besonders der Abriss des bedeutenden Sowjet-Denkmals in Riga zeigt die neue Denkweise.

Schnelle Geschichte Lettlands

Lettland wurde 1918 das erste Mal unabhängig. Zuvor war es seit dem Hochmittelalter immer unter fremder Herrschaft. Als Erstes kam der Deutsche Orden, um die letzten Heiden Europas zu bekehren. Nach der Unterwerfung der verschiedenen Stämme siedelten sich deutsche Einwanderer an. Die Deutschen bildeten jahrhundertelang die Oberschicht in Lettland.
Im Mittelalter breitete sich die Hanse in Lettland aus, um von dort den Russland-Handel voranzutreiben. So konnte es sein, das in Dorsten früher Pelze aus Riga in dem zuständigen Hansekontor gehandelt wurden. Wenn Dorsten auch nur eine Beistadt der Hansestadt Dortmund war.


Es folgte die lutherische Reformation in Lettland und der Livländische Krieg, der von 1558 bis 1583 dauerte. Das Land wurde immer wieder zum Zankapfel von Schweden, Polen und Russland. Bis im Jahr 1918 in Unabhängigkeit Lettlands ausgerufen wurde.

Die Laima (Lettischer Schokoladenhersteller) Uhr von 1930 mit dem Unabhängigkeitsdenkmal im Hintergrund ist am Rande der Altstadt noch immer ein markanter Treffpunkt. Foto: Alexander Fichtner

Schreckensjahre in Lettland und Riga


Die schlimmste Zeit für das Land waren dabei die Jahre 1939 bis 1944. Von 1939 an besetzte die Sowjetunion Lettland. Bis 1941 deportierten sie mindestens 35.000 Letten nach Sibirien. Davon traf es etwa 15.000 Menschen allein in der Nacht vom 13. auf den 14. Juni 1941. Die deutschen Bürger, die zu dem Zeitpunkt noch nicht das Land verlassen hatten, wurden umgesiedelt.

Die lettische Akademie der Wissenschaft hinter dem Großmarkt war 1961 ein Geschenk der Sowjetunion. Es war das erste Hochhaus Lettlands mit seinen 21 Stockwerken. Foto: Alexander Fichtner

Im Juli 1941, nach dem Ausbruch des Krieges gegen die Sowjetunion, besetzte dann die Wehrmacht Lettland. Damit begann auch hier der Holocaust an den Juden. Bereits 1941 entstand in Riga ein Ghetto. Zum Ende des Jahres kamen hier auch Juden aus dem Deutschen Reich an. Alleine aus Dorsten wurden wohl 1942 Juden ins Baltikum verschleppt. Die Nazis zwangen die Menschen in das Ghetto im Stadtteil der Moskauer Vorstadt oder die umliegenden Konzentrationslager.

Riesige Betonskulpturen im ehmaligen KZ Salaspils mahnen die Besucher und erzählen vom Leid der Gefangenen. Foto: Alexander Fichtner

Nach dem Weltkrieg war Lettland dann die Lettische Sozialistische Sowjetrepublik und Teil der Sowjetunion. Bis 1953 wurden 140.000 bis 190.000 lettische Staatsbürger von der Sowjetmacht deportiert oder inhaftiert. Wer das Gulag bis 1956 überlebt hatte, durfte nach dem Tod Stalins zurückkehren, allerdings mit der Pflicht, über das Erlebte zu schweigen.
Erst ab 1987 durfte über das Unrecht in Folge von Perestroika und Glasnost (Umbau und Offenheit) berichtet werden. Das änderte sich auch nicht, bis im Jahr 1990 die Unabhängigkeit Lettlands erneut ausgerufen wurde und die Sowjetunion im Dezember 1991 zerbrach. Die Jahre unter der roten Fahne der Sowjetunion erklären auch heute noch das Misstrauen der Letten gegenüber Russland. So kann man im Angesicht des Angriffskrieges auf die Ukraine durch Russland auch die gewachsene Sorge einer erneuten Besetzung Lettlands verstehen.

Auch das ist Riga. Mit Plattenbauten wurde zu Sowjetzeiten das Anwachsen der Stadt gelenkt. Das Bild stammt aus dem Winter 2018. Foto: Alexander Fichtner

Bildersturm im Baltikum

Trotz der Unabhängigkeit Lettlands und des NATO-Beitritts im Jahr 2004 stand das Land noch lange im Schatten Russlands. Doch merkt man jetzt, das sich die schon immer vorhandene nationale Identität stärker wächst und die Letten unabhängig sind. Alle drei Länder des Baltikums demontieren alte Sowjetdenkmäler. Diese waren zuvor immer wieder Schauplatz von prorussischen Kundgebungen. So demonstrieren sie damit das auch sie den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine nicht befürworten.

Das Siegesdenkmal ist vor seinem Abriss weitläufig abgesperrt. Fast 30 Jahre stand das 80m hohe Denkmal an dem Platz. Foto: Alexander Fichtner

Doch möchte ich in dieser Serie viel mehr meine positiven Erinnerungen und Erlebnisse dahingehend vorstellen. Der bestimmt nicht letzten Reise ins Baltikum für mich.

Der Fluß Düna teilt die Stadt. Hier der Blick auf die Nationalbibliothek. Foto: Alexander Fichtner

Im nächsten Teil der Serie geht es durch und über die Dächer von Riga.

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