Von #schlüsseln und #schlüsselpositionen
Liebe Dorstenerinnen und Dorstener,
fast alle von uns werden sich an ihre Kindheit und an die unendlich langen Stunden vor der Bescherung am Heiligen Abend erinnern können. Zu gerne hätten wir durch das Schlüsselloch das Christkind bei der Arbeit beobachtet oder zumindest einen kleinen Blick auf die Geschenke geworfen.
Das Schlüsselloch war jedoch oft von einer Seite zugeklebt, um unsere neugierigen Blicke fernzuhalten. Wir konnten es kaum erwarten, dass endlich die abgeschlossene Tür geöffnet wird und wir den Weihnachtsbaum und die Geschenke erfassen durften.
Für einen Abend war es ein Stück „Himmel auf Erden“, wenn diese Tür dann offen war.
Im Leben stehen wir immer wieder vor verschlossenen Türen: Gewalt, Hass, Neid, Missgunst oder Habgier verschließen uns den Blick auf uns selbst und den Mitmenschen. Manchmal versperren sie uns den Weg zu unserem eigentlichen Ziel.
Solche Tore, Türen, Schlösser und Riegel meint Friedrich Spee in der ersten Strophe des bekann-ten Adventsliedes „O Heiland, reiß die Himmel auf“:
„O Heiland, reiß die Himmel auf,
herab, herab vom Himmel lauf,
reiß ab vom Himmel Tor und Tür, reiß ab,
wo Schloss und Riegel für.“
An Weihnachten, so glauben wir Christinnen und Christen, wird der Menschheit mit dem Jesuskind der Erlöser geschenkt. Gottes Geschenk an uns Menschen. Scheinbar klein und unbedeutsam im Stall von Bethlehem geboren, öffnet das Kind für uns den Himmel. Es schließt auf, was vorher verschlossen war. Löst Fesseln, befreit uns als Menschheit und uns als Mensch. Ein unfassbares Ge-schenk, welches wir mit mindestens der gleichen Freude und Sehnsucht annehmen sollten, die wir als Kinder am Heiligen Abend hatten.
Im Wappen der Stadt Dorsten finden wir einen Schlüssel. Und dieser Schlüssel ist nicht irgendein Schlüssel. Es ist der Schlüssel des Heiligen Petrus, der auch der Patron des Kölner Domes ist. Historisch wurde uns in Dorsten dieser Petrusschlüssel von unserem damaligen Landesherrn, dem Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden, 1251 mit den Stadtrechten verliehen. Jener Apostel Petrus hatte in der Kirche unzweifelhaft eine Schlüsselposition, wie man heute sagen würde: Ihm wurde der Schlüssel zum Himmelreich anvertraut.
O Heiland, reiß die Himmel auf! Was sagt dieser Satz für unseren Alltag? Haben wir einen Schlüssel, um einen Himmel für uns oder für andere aufzuschließen?
Wenn wir Kriege sehen, beispielsweise in der Ukraine, das Leid vieler Menschen überall auf der Welt, Not selbst in unserem reichen Land und in unserer Stadt, dann besteht die Gefahr, davor allzu schnell zu resignieren: „Ich kann daran eh nichts ändern! Es liegt nicht in meiner Macht und meiner Position!“
Unzweifelhaft werden wir als Mensch und als Menschheit nicht „den Himmel“ auf Erden schaffen oder vollenden. Wer jedoch schon einmal das Strahlen in den Augen eines Menschen gesehen, dem Zeit, Aufmerksamkeit oder Hilfe geschenkt wurde, der hat darin ein Stückchen „Himmel auf Erden“ entdecken können. Der wird erkannt haben, dass wir dem Christuskind in diesem Moment unsere Augen, unsere Ohren, unseren Mund, unsere Hände und Füße geliehen haben.
Jede und jeder Einzelne von uns kann ein solcher Schlüssel für andere Menschen sein. Schlüssel, die Türen öffnen und Riegel lösen – in der Beziehung und der Familie, am Arbeitsplatz, in der Schule oder im Verein, in Nachbarschaften, Quartieren, Stadtteilen oder in der Gesamtstadt. Unzählige Menschen in Dorsten leisten ehrenamtlich und hauptamtlich Großartiges für die Mitmenschen. Sie setzen ihre Schlüsselqualifikationen ein, um anderen Menschen zu helfen oder ihnen eine Freude zu machen. Sie nehmen sich selbst zurück und werden gerade dadurch zu Schlüsseln. Schenken damit Hoffnung und Zuversicht, gerade auch in diesen dunklen Zeiten, wo scheinbar nur das Schlechte die Nachrichtenlage zu diktieren versucht.
All diese Menschen sind echte Geschenke und unendlich kostbar. Diesen Menschen will ich heute DANKE sagen für ihren Dienst in unserer Gesellschaft und für unsere Gesellschaft. Diese Menschen sind für uns ein Lichtblick. Ein Licht, das unter der Tür durchschimmert, die an Weihnachten auf-geschlossen wird.
Und so wünsche ich Ihnen und Ihren Lieben von Herzen ein friedvolles und gesegnetes Weihnachtsfest, alles Gute, Gesundheit und Gottes Segen für das Jahr 2023 und dass uns beim Singen des folgenden Weihnachtsliedes von Nikolaus Herman
„Lobt Gott, ihr Christen, alle gleich, in seinem höchsten Thron, der heut schließt auf sein Himmelreich und schenkt uns seinen Sohn.“
noch deutlicher unsere eigene und individuelle Schlüsselposition auf dieser Erde wird – egal wann und egal wo!
Ich bin mir sicher, wenn Sie mit der Familie oder mit Freunden an Weihnachten zusammenkommen, werden Sie erleben, welche wundervollen Schlüssel Sie in ihrem Umfeld haben. Sagen Sie es doch einfach mal diesen Menschen …
Frohe und gesegnete Weihnachten!
Ihr Bürgermeister Tobias Stockhoff