Vor einigen Tagen beging der CV-Altherrenzirkel Dorsten ein bemerkenswertes Jubiläum. Seit nunmehr 125 Jahren pflegt dieser traditionsreiche Zirkel das akademische, kirchliche und gesellschaftliche Miteinander.
Der feierliche Anlass begann mit einem gemeinsamen Gottesdienst in der St.-Agatha-Kirche. Es folgten ein Empfang im Restaurant „Zum Blauen See“ und ein festliches Mittagessen. Dabei wurden Erinnerungen ausgetauscht und auf die Zukunft geblickt.
Ein fester Bestandteil des Cartellverbands
Der Ortszirkel Dorsten ist Teil des Cartellverbands der katholischen deutschen Studentenverbindungen (CV). Diesem gehören rund 25.000 Mitglieder an, darunter etwa 4.000 aktive Studierende an nahezu allen Hochschulen Deutschlands sowie an einigen ausländischen Universitäten. Gegründet im Jahr 1856, setzt sich der Verband für religiöse, wissenschaftliche und gesellschaftliche Werte ein. Er bildet mit seiner Struktur den größten Akademikerverband Deutschlands und Europas.
Von Beginn an grenzte sich der CV bewusst von den traditionellen „schlagenden Verbindungen“ ab und nahm nicht an Mensuren teil. Gerade während des sogenannten Kulturkampfes im 19. Jahrhundert spielten die katholischen Verbindungen eine wichtige Rolle bei der Verteidigung kirchlicher Interessen gegenüber der Bismarckschen Kirchenpolitik.
Freundschaft und Förderung über Generationen hinweg
Eine Mitgliedschaft im CV bleibt meist ein Leben lang bestehen. Als „Alte Herren“ unterstützen die ehemaligen Studierenden den akademischen Nachwuchs in vielfältiger Weise. Dazu gehört die Hilfe bei der Wohnungssuche, die Vermittlung von Praktika und beruflichen Einstiegschancen sowie die Pflege eines starken, oft internationalen Netzwerks. In diesem Sinne wurde auch der Begriff „patria“ (Vaterland) weiterentwickelt. Heute steht er nicht nur für Heimatverbundenheit, sondern auch für das Bewusstsein einer gemeinsamen europäischen Zukunft.
Eine bewegte Geschichte
Der CV-Altherrenzirkel Dorsten wurde im Wintersemester 1899/1900 ins Leben gerufen. Zu den Gründungsmitgliedern zählten unter anderem der damalige Schulleiter Dr. Gerhard Beste, der Oberlehrer Paul Müssen sowie der Arzt Dr. Schwegmann. Im Jahr 1907 erhielt der Zirkel seinen besonderen Namenszusatz „Libanon“ – inspiriert durch einen mitgebrachten Wein aus dem Bekaa-Tal. Der Vorsitzende trägt seither den Titel „Scheich“, die Mitglieder nennen sich „Zedern“.

Dreimal in seiner Geschichte wurde der Zirkel zwangsweise aufgelöst, zuletzt 1935 in der NS-Zeit. Doch jedes Mal fand sich die Gemeinschaft wieder zusammen und setzte ihr Wirken fort. Heute jedoch sieht sich der Ortszirkel mit neuen Herausforderungen konfrontiert: Der demografische Wandel und die Veränderungen in der akademischen Berufswelt führen dazu, dass immer weniger junge Akademiker in Dorsten bleiben. Viele zieht es aus beruflichen und familiären Gründen in Universitätsstädte wie Essen und Münster. Gleichzeitig fällt auf, dass in den letzten Jahren kaum Zuzug nach Dorsten verzeichnet wurde, was sich auch auf den Zirkel auswirkt. Bereits in Marl hat sich der CV-Ortszirkel aufgelöst.
Festrede mit nachdenklichen Worten
In seiner Festrede erinnerte der Vorsitzende des CV-Altherrenzirkels Dorsten, Dr. Wolfgang Schröder, an die Gründungsgeschichte und betonte den Mut, bewusste Entscheidungen zu treffen. In Anlehnung an den geistlichen Schriftsteller Johannes Bours zitierte er: „Der Mensch wird des Weges geführt, den er wählt.“ Er ermutigte die Anwesenden, sich weiterhin mit Engagement und Überzeugung für ihre Werte und ihre Gemeinschaft einzusetzen. Zum Abschluss dankte er allen Mitgliedern für ihren unermüdlichen Einsatz.
Mit diesem Jubiläum setzt der CV-Altherrenzirkel Dorsten ein Zeichen für Beständigkeit und gelebte Tradition in einer sich wandelnden Welt. Die Herausforderung der Zukunft bleibt, junge Akademiker für das Engagement in solchen Verbindungen zu begeistern und Dorsten als attraktiven Wohn- und Studienort zu erhalten.