Außerirdische im Atlantis Dorsten? Nicht ganz: Wie von einem anderen Stern wirkten die Männer des ABC-Zugs der Dorstener Feuerwehr in ihren dichten Schutzanzügen. Im Keller des Freizeitbades probten die Feuerwehrleute den Ernstfall.
Das Szenario war bedrohlich: Im Keller des Atlantis traten plötzlich unbekannte Gase aus. Hastig retteten sich die Mitarbeiter ins Erdgeschoss. Während die Feuerwehr noch anrückte, wurden bereits alle Badegäste evakuiert. Chaos, panische Gäste und möglicherweise vermisste Personen – ein Horrorszenario.
Ein leerer Chlorkanister und Leitungswasser
Zum Glück war es nur eine Übung. Die unbekannten Gase wurden von harmlosem Kunstnebel simuliert, und dazu hatte Thorsten Gaedeke leere Chlorbehälter mit etwas Wasser umgekippt. „Wir tun so, als wäre eine Chlorbleichlauge ausgetreten“, erklärt der Technische Leiter des Atlantis Dorsten. „Wir führen solche Übungen immer gerne in Zusammenarbeit mit der Feuerwehr durch. Diese ist immer ganz froh darüber, unsere Anlage als Übungsobjekt zu bekommen“, so Gaedeke. Das Freizeitbad profitiere im Gegenzug von der Expertise der Feuerwehr bei der Gefahrenabwehr. So können auch die eigenen Mitarbeiter geschult werden. „Wir werden gleich noch jemanden verstecken, der gerettet werden muss“, ergänzt Thorsten Gaedeke vor dem Übungsbeginn.

Eine Premiere für das „Opfer“
Das „Opfer“ war dieses Mal Hannah Hetkamp. Für die junge Atlantis-Mitarbeiterin eine Premiere. „Ich habe das noch nie gemacht und weiß noch gar nicht, was mich erwartet“, gab sie zu. „Ich werde mich aber gleich mal verstecken und warten, bis die Feuerwehr mich abholt.“ Mit einer Taschenlampe bewaffnet, zog sie los, um in einer dunklen Ecke des weitläufigen Kellers gespielt „in Ohnmacht zu fallen“ und auf die Einsatzkräfte zu warten.
Bestens ausgerüstet für gefährliche Situationen
Und diese rückten dann auch schon an: Mit ganzen Rollwagen voller Material marschierte der ABC-Zug durch den Seiteneingang des Atlantis, während die Badegäste verwundert und neugierig zuschauten. „Wir sind eine Spezialeinheit der Feuerwehr“, erklärte der Einsatzleiter. Das ABC stehe für atomare, biologische und chemische Bedrohungen, für deren Abwehr die Mitglieder besonders ausgebildet sind. „Alle aktiven Mitglieder des ABC-Zuges müssen regelmäßige Übungen nachweisen, um weiter Teil dieser Einheit zu sein“, machte der Leiter klar. „Daher sind solche realitätsnahen Einsatzorte wie hier im Atlantis für uns besonders wertvoll.“

ABC-Zug wird bei besonderer Bedrohung gerufen
Der ABC-Zug wird immer dann gerufen, wenn die Bedrohung durch radioaktive, giftige oder infektiöse Gefahrstoffe so groß ist, dass die normale Schutzausrüstung der Feuerwehr nicht mehr ausreicht. Im Falle des Atlantis wären die regulären Einsatzkräfte allerdings bereits vor Ort gewesen, um die Evakuierung zu leiten, Verletzte zu versorgen und nach Vermissten zu suchen. „Daher zeigen wir heute nur einen Ausschnitt aus dem Übungsszenario“, betonte der Einsatzleiter. Der Aufbau einer Dekontaminations-Station, die im Ernstfall für die Reinigung der zurückkehrenden Feuerwehrleute in ihren Schutzanzügen dient, war dieses Mal kein Teil der Übung.

Dafür ging es ganz praktisch um die Bewegung in einem unübersichtlichen Einsatzgebiet. Der dunkle, verwinkelte Keller mit seinen mächtigen technischen Anlagen bot dafür eine passendes Kulisse. Zunächst mussten sich die Männer aber erst einmal in ihre schweren Anzüge zwängen. „Da wir nicht wissen, welche Bedrohung uns erwartet, ziehen wir alle Register“, sagte Jan-Niklas Hugot. „Daher ziehen wir unseren CSA, den Chemischen Schutzanzug an.“ Keine leichte Aufgabe für den rund zwei Meter großen Hünen, aber auch die normalgroßen Kameraden brauchten zupackende Hilfe. Wie Knappen aus alter Zeit, die ihrem Ritter in die Rüstung helfen, packte jeweils ein anderer Feuerwehrmann mit an.

Abstieg in den dunklen Atlantis-Keller
Kaum war die Ausrüstung angelegt und überprüft, stiegen vier Zwei-Mann-Trupps durch das vernebelte Treppenhaus hinunter in den stockdunklen Keller. Gesichert durch lange Leinen, bewegten sich die Männer in ihren klobigen Anzügen methodisch durch die Gänge. Dabei erinnerten sie durchaus an Astronauten auf einer unbekannten Raumstation. Statt außerirdischem Leben fanden sie aber recht schnell die ausgelaufenen Kanister und konnten so den Gefahrstoff identifizieren.

„Je nach Gefahrstoff würden wir nun unterschiedlich vorgehen“, konnte man vom Einsatzleiter erfahren. „Es gibt zum Beispiel Chemiebinder, mit dem man gefährliche Flüssigkeiten neutralisieren kann. Beschädigte Kanister können wir in gasdichten Behältern sichern. Dazu würden wir das Gebäude entlüften, um die Konzentration des Schadstoffes zu verringern.“ In vielen Fällen müsse aber im Anschluss eine aufwändige Sanierung erfolgen, für die dann Spezialfirmen zuständig sind.

Rettung für Hannah
Und nicht nur die Kanister waren schnell entdeckt: Auch Hannah, deren Füße hinter einer Anlage hervorragten, geriet schnell in den Blick der Einsatzkräfte. Mit geübten Griffen hoben die Retter die junge Frau auf eine Krankentrage und halfen ihr so aus der Gefahr.

Am Ende hatten die Feuerwehrleute ihre Übung erfolgreich beendet und konnten sich ziemlich verschwitzt, aber zufrieden aus ihren Schutzpanzern schälen. Wann die nächste Übung im Atlantis sein wird? Das stehe noch nicht fest. „Wir üben immer an unterschiedlichen Orten“, erklären die Mitglieder des ABC-Trupps. Denn gute Vorbereitung, das ist allen klar, ist in ihrem Job das A und O.