Kreis Recklinghausen/Bottrop: NRW-Initiative „Kurve kriegen“ jetzt auch im Polizeipräsidium Recklinghausen – Kooperationsvereinbarung unterzeichnet
Recklinghausen (ots) – Das Ziel, Kindern und Jugendlichen rechtzeitig einen Ausweg von ihrer Route in Richtung Kriminalität zu zeigen, wird von jetzt an im Polizeipräsidium Recklinghausen auch mit der wirksamen Landesinitiative „Kurve kriegen“ verfolgt.
Seit Jahren spielt die Bearbeitung von Jugendkriminalität im Zuständigkeitsbereich der Polizei Recklinghausen eine besondere Rolle. Seit langem wird bereits das Intensivtäterkonzept in den Regionalkommissariaten umgesetzt. Das „Präventions- und Handlungskonzept gegen Gewalt in Marl“ erhielt im Jahr 2013 den „Landespreis für Innere Sicherheit“. Diese Konzepte werden nun durch die erfolgreiche Landesinitiative „Kurve kriegen“ ergänzt.
Polizeipräsidentin Zurhausen: „Mit der Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung „Kurve kriegen“ gehen wir nicht nur einen weiteren wichtigen Schritt in der Präventionsarbeit, sondern wir senden auch ein wichtiges Signal: Wir kümmern uns und wir helfen. Die Landesinitiative „Kurve kriegen“ mit ihrer im Rahmen einer Evaluation nachgewiesenen Wirksamkeit ist dabei ein ganz wichtiger Baustein. Die Entwicklung von Kindern wird maßgeblich von den persönlichen Lebensumständen beeinflusst. Negative Lebensumstände können Delinquenz und Straftaten begünstigen. Genau da müssen wir ansetzen. Genau da setzt Kurve kriegen an.“
Elf Kommunen
Der polizeiliche Ansprechpartner, die beteiligten elf Kommunen im Präsidialbereich und pädagogische Fachkräfte kümmern sich künftig gemeinsam um die Menschen, die bereits im Alter zwischen 8 und 15 Jahren stark delinquent (Strafunmündige) sind oder viele Straftaten begehen. In ihrem Netzwerk werden Maßnahmen getroffen, die verhindern sollen, dass junge Menschen dauerhaft in die Kriminalität abrutschen. Mit Blick auf die vielen Opfer, die enormen sozialen Folgekosten, die ein „Intensivtäter“ verursacht sowie seine zu erwartende Außenseiterrolle muss die Intervention frühestmöglich erfolgen – und zwar bevor die „Karriere“ Fahrt aufnimmt.
Kooperationsvereinbarung
Zum Auftakt der Initiative in Recklinghausen unterzeichneten Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen und die Bürgermeisterin der Stadt Waltrop sowie die Bürgermeister der anderen Kommunen im Kreis Recklinghausen und der Vertreter des Oberbürgermeisters der Stadt Bottrop am Donnerstag die Kooperationsvereinbarung.
An dem Termin im Polizeipräsidium nahmen auch die Abteilungsleiterin der Polizei im Innenministerium, Frau Dr. Daniela Lesmeister, der polizeiliche Ansprechpartner, Kriminalhauptkommissar Thomas Kranjc und die pädagogischen Fachkräfte, Frau Damla Karakas und Herr Stefan Bohm (beide AWO) teil.
Die Bürgermeister/in der beteiligten Kommunen werden die Initiative unterstützen, indem die Jugendämter eng mit der Polizei und den pädagogischen Fachkräften kooperieren.
Zitate der Bürgermeister/in der beteiligten Kommunen zu „Kurve kriegen“:
Tobias Stockhoff – Stadt Dorsten: „Es ist einerseits erschreckende Realität, dass schon Kinder im Alter von acht oder neun Jahren den Weg einschlagen können, zu sogenannten
Intensivtätern zu werden. Es ist andererseits der vollkommen richtige Weg, in solchen Fällen so früh und so wirkungsvoll wie möglich einzugreifen, um kriminellen Karrieren entgegen zu wirken. Um Straftaten zu verhindern. Um Spielregeln unseres Miteinanders
durchzusetzen.
Und natürlich, um diese Kinder nicht für unsere Gesellschaft zu verlieren. Es ist deshalb wichtig, dass wir die Herausforderungen der Initiative Kurve kriegen gemeinsam
annehmen und meistern.“
Herr Tischler – Stadt Bottrop: „Bevor die kriminelle Karriere von Kindern und Jugendlichen Fahrt aufnehmen kann, gilt die Devise: Abbremsen, das Lenkrad umlegen und die Kurve kriegen. Bei dieser Arbeit unterstütze ich die NRW-Initiative in meiner Stadt Bottrop mit ganzer Kraft.“
Rajko Kravanja – Stadt Castrop-Rauxel: „Die NRW-Initiative „Kurve kriegen“ schafft ein neues und notwendiges Angebot für kriminalitätsgefährdete Kinder und Jugendliche unserer Gesellschaft. Der präventive Ansatz mit seinen individuellen und frühzeitigen Angeboten verhindert das Abdriften in die Kriminalität. Kindern und Gesellschaft wird so gleichermaßen geholfen – eine Integration nach erfolgter krimineller Handlung ist für alle Seiten ungemein viel schwerer. Ich freue mich, dass sich so vielfältige Akteure der Kinder- und Jugendhilfe in diesem wichtigen Programm versammeln!“
Herr Dora – Stadt Datteln: „Diese Initiative unterstütze ich gerne, weil sie sinnvoll und gut ist. Dabei ist mir wichtig, dass die präventiven Maßnahmen rechtzeitig einsetzen. Denn wenn es weniger Kriminalität gibt, profitieren davon alle Bürgerinnen und Bürger.“
Herr Roland – Stadt Gladbeck: „Außenseiterposition, Gewalterfahrungen, finanzielle Sorgen und schlechte Vorbilder – häufig kommen viele Faktoren zusammen, weshalb junge Menschen straffällig werden. Allein aus eigener Kraft können sie den Weg aus der Kriminalität nur schwer schaffen. Die Stadt Gladbeck unterstützt deshalb die Landes-Initiative ‚Kurve kriegen‘, weil sie straffällige Kinder und Jugendliche nicht allein lässt, sondern sie frühzeitig stützt und Perspektiven aufzeigt: Ganz individuell mit professioneller Unterstützung durch pädagogische Fachkräfte werden junge Menschen auf ihrem steinigen Weg in ein neues Leben begleitet.“
Herr Meussen – Stadt Haltern am See: „Gute Sache! Selbstverständlich beteiligt sich auch die Stadt Haltern am See an der durch das Ministerium geförderten Initiative „Kurve kriegen“ zur Bekämpfung der Jugendkriminalität im Rahmen der Kooperationsvereinbarung zwischen dem PP Recklinghausen und den Städten Bottrop, Castrop-Rauxel, Datteln, Dorsten, Gladbeck, Herten, Marl Oer-Erkenschwick, Recklinghausen und Waltrop. Ziel der Vereinbarung ist es, kriminalitätsgefährdeten Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 8 und 15 Jahren so früh wie möglich durch zielgruppenorientierte und koordinierte Zusammenarbeit mit dem Jugendamt zu helfen, Wege aus der Kriminalität zu finden. Damit wird nicht nur eine Gefährdung des Kindes oder Jugendlichen selbst abgewendet, sondern es wird gleichzeitig Straftaten vorgebeugt und vermieden, dass Menschen Opfer von Straftaten werden.“
Herr Toplak – Stadt Herten: „Kriminalitätsprävention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die bezogen auf das Kindes- und Jugendalter besonders wichtig ist. Kinder und Jugendliche befinden sich noch in der Entwicklung und sind auf der Suche nach einem Platz in der Gemeinschaft. Dabei brauchen sie Begleitung, aber auch konkrete Hilfe und Unterstützung, um nicht den kriminellen Weg einzuschlagen oder sich die Zukunft zu verbauen. Hier gilt es Werte zu vermitteln und als gute Vorbilder voran zu gehen.“
Werner Arndt – Stadt Marl: „Das Programm ist wichtig, weil es junge Leute wieder auf den richtigen Weg bringt. Es unterstützt nicht nur junge Straftäter, ihr Leben wieder in den Griff zu kriegen, sondern bietet auch Eltern gezielt Rat und Hilfe an.“
Carsten Wewers – Stadt Oer-Erkenschwick : Die enge Verzahnung der Polizei und der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe ist eine sehr sinnvolle Vorgehensweise. Die Stadt Oer-Erkenschwick unterstützt das Präventionsprogramm mit ganzem Herzen, da hier dem dauerhaften Abgleiten in die Kinder- und Jugendkriminalität gezielt und vor allem frühzeitig entgegengesteuert wird. Die damit verbundene Erarbeitung von Individualmaßnahmen halte ich für einen sehr überzeugenden Ansatz, so können Straftaten wirklich verhindert und gleichzeitig neue Perspektiven für die Kinder und Jugendlichen geschaffen werden.
Herr Tesche – Stadt Recklinghausen: „Ich finde die Initiative großartig, denn nur durch präventives Eingreifen ist es möglich, Konflikte und Probleme junger Menschen frühzeitig zu erkennen. Nur so können wir ihnen helfen einen Weg aus der Kriminalität zu finden. Unsere Kinder sind unsere Zukunft, deshalb liegt es an uns ihnen wieder ein Perspektive zu geben.“
Frau Moenikes – Stadt Waltrop: „Mit dem Programm „Kurve kriegen“ geht man einen wichtigen Schritt in der Prävention für Kinder- und Jugendliche um sie in der weiteren Entwicklung effektiv und kooperativ zu begleiten und um damit weitere Gewalttaten zu vermeiden“
Informationen zum Konzept der Initiative „Kurve kriegen“:
1. Frühzeitiges Erkennen besonderer Kriminalitätsgefährdung
Durch ein umfassendes und standardisiertes Risikoscreening von Polizei und pädagogischen Fachkräften können die besonders kriminalitätsgefährdeten Kinder und jungen Jugendlichen bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt sondiert und identifiziert werden. Dabei werden neben den strafrechtlichen Auffälligkeiten insbesondere die Lebensumstände der jungen Menschen in den Fokus genommen. Der frühe und individuelle Ansatz verhindert aus polizeilicher Sicht Kriminalität und zahlreiche weitere Opfer und ist aus pädagogischer Sicht besonders sinnvoll, um die notwendigen Verhaltensänderungen herbeizuführen.
2. Kompetente multiprofessionelle Fachkräfteteams
Pädagogische Fachkräfte von Freien Trägern der Kinder- und Jugendhilfe sind mittels Dienstleistungsverträgen in die Arbeit der Polizei eingebunden. Sie sind hochqualifiziert und erfahren im Umgang mit der Zielgruppe. Sie haben ihren Arbeitsplatz in den Polizeibehörden. Dort steht ihnen ein kompetenter und erfahrener Kriminalbeamter als Teampartner zur Seite. Kurze Wege und ein schneller Austausch sind so jederzeit gewährleistet. Die pädagogische Fachkraft ist tagesaktuell über die Teilnehmer informiert und kann flexibel auf Veränderungen, z. B. neue Taten, reagieren.
3. Gemeinsame und verbindende Netzwerkarbeit
Die pädagogischen Fachkräfte fungieren als Bindeglied zum Jugendamt und weiteren Kooperationspartnern wie z. B. Schulen. Sie koordinieren die Netzwerkarbeit und erstellen unter Berücksichtigung aller Aspekte, z. B. Planungen und Anregungen des Jugendamtes, ein passgenaues kriminalpräventiv wirkendes Angebot für die Kinder, Jugendlichen und deren Familien.
4. Individuelle und passgenaue Maßnahmen
Die pädagogischen Fachkräfte schöpfen aus einem reichhaltigen pädagogischen und kriminalpräventiven Angebot lokaler Anbieter. Damit steht ihnen ein umfangreicher so genannter Baukasten an Maßnahmen zur Verfügung, der aus Elementen wie Kompetenztrainings (z.B. Coolnesstrainings oder Elterncoachings), integrativen Angeboten (z. B. Lernhilfe, Sprach- und Sportkurse), freizeitpädagogische Angeboten und weiteren wie z. B. Sucht- oder Schuldenberatung besteht. Wichtig dabei: Auf die Passung kommt es an! In manchen Fällen helfen bereits einzelne Maßnahmen, in anderen orchestriert die pädagogische Fachkraft ein ganzes Bündel solcher Hilfen.
5. Finanzielle Beteiligung des Landes
Die Prävention von Jugendkriminalität steht in einem besonderen Landesinteresse, daher werden die Kosten für die pädagogischen Fachkräfte vollständig sowie die Maßnahmenkosten bis auf wenige Ausnahmen vollständig durch das Land NRW getragen.
Weitere Informationen zur Landesinitiative „Kurve kriegen“ finden Sie im angehängten Flyer und unter www.kurvekriegen.nrw.de
Text und Foto: Polizei NRW