Differenzen zwischen CDU und SPD im Umgang mit dem Kandidaten Marco Bühne im Kommunalwahlkampf 2020
Bürgermeister Tobias Stockhoff von der CDU wird bei der Kommunalwahl, die voraussichtlich im September stattfinden wird, erneut für das Bürgermeisteramt kandidieren. Für die Dorstener SPD tritt Jennifer Schug an. Nun gibt es einen weiteren Kandidaten: Marco Bühne von der AfD. Er kandidiert gleichzeitig für den Kreistag in Recklinghausen.

Wie mit dem Kandidaten Marco Bühne im Kommunalwahlkampf umgegangen werden soll, darüber gibt es Differenzen zwischen CDU und SPD. Einig sind sich beide Parteien: keine Zusammenarbeit während des Kommunalwahlkampfes 2020 mit der AfD.
Dass der Dorstener Marco Bühne als weiterer Bürgermeisterkandidat kandiert, sei für sie keine Überraschung gewesen, erklärt Schug. „Insofern war auch ich darauf eingestellt. Nichtsdestotrotz empfinde ich es als unerträglich, dass diese Partei auch nur einen Funken an Verantwortung, Einfluss und Macht in unserer Stadt übernimmt, und ich werde alles dafür tun, dieses zu verhindern“, sagt Jennifer Schug.

Keine Inhalte, keine Informationen
Über die Dorstener AfD allerdings könne sie selbst nicht viel sagen, da diese, wie Schug meint, bisher vor Ort kaum in Erscheinung getreten ist. Die AfD Dorsten habe die Aufmerksamkeit mehr durch unangenehme, peinliche Aktionen auf sich gezogen.
Die Tatsache, dass sie ihre Wahlkreiskandidaten, Kandidatinnen würden wohl kaum dabei sein, nicht nennen wollen, zeige viel von ihrer Geisteshaltung.
„Sie wollen den politischen Gegner diese Information nicht geben, lauten die Argumente vonseiten der AfD dazu. Dabei geht es doch darum überhaupt nicht. Sie enthalten nicht nur uns, sondern auch anderen Parteien, und selbst auch ihren eigenen Wählerinnen und Wählern, jegliche Art von Information vor. Eigentlich sollten doch genau diese wissen, wer für sie künftig im Rat der Stadt Dorsten Entscheidungen treffen soll“, fügt Schug hinzu.
Persönlich habe sie als Privatperson bereits gezeigt, wie sie zu dieser Partei steht. Im Zuge des ersten Wahlkampfstandes der AfD auf dem Dorstener Marktplatz habe sie dies aktiv und deutlich zum Ausdruck gebracht. Sie organisierte die erste Dorstener Demonstration gegen die AfD. Dort hätten laut Schug mehr als 100 Dorstener gezeigt, dass für Angstmacherei, Nazis und Rassisten kein Platz in Dorsten ist.

Herausforderung für jeden Demokraten
Als eine Herausforderung für jeden Demokraten sieht Tobias Stockhoff den Umgang mit der extremistischen Partei. „Es gibt die Tendenz, ihre Funktions- und Mandatsträger, ihre Wähler und Sympathisanten auszugrenzen und abzukanzeln. Ich halte das für falsch. Ich lehne als Demokrat die Positionen von extremistischen und radikalen Parteien ab. Aber ich möchte die Menschen, die in Gefahr sind, diese Parteien zu wählen, von einer demokratischen Bürgergesellschaft überzeugen“, so Bürgermeister Stockhoff.
Seiner Meinung nach müsse es die Aufgabe aller Demokraten sein, diese Wähler inhaltlich zu davon zu überzeugen, dass extremistische und radikale Parteien keine ernsthafte politische Alternative seien: „Für unsere Stadt, unser Land und unsere Republik.“ Dies könne nach seiner Überzeugung nur in der direkten, sachlichen und öffentlichen Auseinandersetzung mit den Kandidaten gelingen.

Keine Zusammenarbeit mit der AfD
Schug ist der Ansicht, dass Parteien, die fest auf dem Boden der demokratischen Verfassung verankert sind, in diesem Kampf gegen Rechts zusammenstehen und -arbeiten sowie neue Wege gehen sollten und müssen. „Nur gemeinsam wird es uns gelingen, dafür zu sorgen, dass die AfD so wenig Plätze wie irgendwie möglich im Rat unserer Stadt bekommt.“
Bürgermeisterkandidat Tobias Stockhoff lehnt eine Zusammenarbeit mit der AfD strikt ab. „Für mich und die CDU kann ich sagen, dass wir ganz sicher nicht an Veranstaltungen der AfD oder anderer links- oder rechtsextremer Parteien teilnehmen werden. Wir scheuen aber keineswegs die gemeinsame Teilnahme mit der AfD, zu der beispielsweise Medien einladen, etwa Podiumsdiskussionen. Schließlich sollen die Wählerinnen und Wähler die politischen Angebote unmittelbar vergleichen können. Hier bin ich mir mit dem Vorsitzenden der SPD-Ratsfraktion, Friedhelm Fragemann, übrigens vollkommen einig. Wir wollen extreme Parteien mit Inhalten stellen und nicht mit Ausgrenzungsrethorik“.
Parteien müssen Umgang mit der AfD neu überdenken
Die SPD-Kandidatin Schug ist der Meinung, dass alle Parteien ihren Umgang mit der AfD völlig neu überdenken müssten. Ein solcher Schulterschluss könnte ihrer Meinung nach darin bestehen, grundsätzlich nicht mit Vertretern der AfD auf einer Bühne zu stehen oder Aktionen und Wahlaufrufe zu machen. Die Möglichkeiten seien vielfältig, betont Schug.
Aus diesem Grund habe sie bereits am 11. Mai eine Mail an die anderen Parteien in Dorsten verschickt und um ein Treffen gebeten. Ihr Vorschlag sei, so Schug, leider von der CDU abgelehnt worden. Die FDP habe sich ein Gespräch über einen „groben Rahmen“ vorstellen können, die Grünen und die Linken hätten einem Treffen zugestimmt, erklärt sie weiter.

Ludger Föcker, der CDU-Stadtverbandsvorsitzende, hat einen anderen Ansatz, wie eine politische Auseinandersetzung mit dem AfD-Kandidaten Bühne im Wahlkampf aussehen könnte.
Er hält den vorgeschlagenen Weg von Jennifer Schug für kontraproduktiv. In ihrem Vorschlag sieht Föcker die Gefahr, dass die AfD erneut versuchen könnte, sich umfassend als Märtyrer in der Öffentlichkeit darzustellen. „Mit dem Ausschluss von Veranstaltungen bekäme die AfD eine umfassende Berichterstattung in den Medien, und wir hätten eine tage-, vielleicht sogar wochenlange Debatte“.
Initiative Dorsten steht für Menschenwürde
Föcker ist bereit dazu, dass sich die CDU in Dorsten der AfD inhaltlich stellt. Damit möchte er erreichen, die Menschen, die aktuell empfänglich für Thesen der AfD sind, wieder für die demokratische Bürgergesellschaft zurückzugewinnen. „Vereine und Gruppen an der stadtweiten Initiative Dorsten steht für Menschenwürde“, nennt Föcker Beispiele.
Jennifer Schug betont, dass – völlig unabhängig von der Dorstener AfD – immer wieder deutlich gemacht werden müsse: Diese Partei dulde nicht nur Nazis in ihren Reihen, sondern sie werde von ihnen geführt. Wer genau AfD-Bürgermeisterkandidat in Dorsten sei, spiele dann überhaupt keine Rolle mehr. „Diese Partei ist nicht wählbar! Ich hoffe sehr, dass der Bundestrend der Meinungsumfragen sich auch bei der Kommunalwahl bestätigt: Die Menschen haben immer weniger Interesse an einer Partei, die keine Lösungen bietet, sondern nur hetzen kann.“
Bürgerdialog – Mehr Provokation als Inhalte
Tobias Stockhoff hat ebenfalls sein Fazit gezogen und ist der Meinung: „Wir müssen extremistische Parteien inhaltlich stellen.“
„Die AfD in Dorsten fällt bislang nicht durch Inhalte auf, sondern vor allem durch Geheimniskrämerei in Hinterzimmern. So seien die Kandidaten im stillen Kämmerlein aufgestellt worden. Die einzige öffentliche Veranstaltung, der „Bürgerdialog“ im vergangenen Jahr, habe wohl mehr der Provokation als den Inhalten gedient. Über den Protest gegen diese Veranstaltung und den Protest der AfD gegen den Protest jedenfalls sei damals mehr berichtet worden als über die Veranstaltung selbst. „Ich bin gespannt, wie die Partei unter diesen Vorzeichen einen offenen, transparenten, sachlichen und von Inhalten geprägten Wahlkampf führen möchte“, so Stockhoff.
Darüber hinaus habe diese Partei außer zwei, drei Krawallthemen keine Inhalte.
„Es tut einer lebendigen Demokratie immer gut, wenn es in einer Stadt viele Bewerber für den Rat und für das Amt des Bürgermeisters gibt. Die Wählerinnen und Wähler werden sich diese Kandidaten sehr genau ansehen, werden überlegen, was sie diesen zutrauen und werden Bilanz ziehen, was diese in den letzten Jahren geleistet haben. Und dann werden sie bei der Wahl einem der Kandidaten ihr Vertrauen schenken.
Für mich gilt: Ich möchte mit meinen Ideen und Positionen für eine lebenswerte und bürgerorientierte Stadt Dorsten überzeugen – nicht durch einen Anti-Wahlkampf.“
Petra Bosse