Nach 13 Monaten intensiver Bauarbeiten ist es endlich soweit. Die neue Interimsbrücke über die Lippe, die die Stadtteile Dorsten-Hervest und Marl verbindet, ist wieder für den Verkehr freigegeben. Nach einer feierlichen Zeremonie ist die Lippebrücke nun offiziell eröffnet.
Die stellvertretende Landrätin Nicole Wölke-Neuhaus, die Bürgermeister von Dorsten und Marl, Tobias Stockhoff und Werner Arndt feierten gemeinsam mit anderen Gästen diesen Meilenstein.
Besonders hervorgehoben wurde die Bedeutung der Lippebrücke für Fußgänger und Radfahrer, die nun von einem Wegfall des bisherigen Umwegs von 4,5 Kilometern profitieren. „Diese Brücke ist insbesondere für Radfahrer und Fußgänger wichtig. Brücken und Straßen sind Lebensadern. Sie verbinden die Orte, an denen wir uns aufhalten,“ betonte Dorstens Bürgermeister Tobias Stockhoff in seiner Rede. Die Brücke, die mitten im Naturschutzgebiet steht, stellt dabei angesichts der hohen Schutzanforderungen eine bauliche Herausforderung dar. „Darum gebührt unser Dank der Kreisverwaltung und dem Kreistag, dass sie die Verbindung wiederhergestellt haben,“ fügte Stockhoff hinzu.

Technische Daten und Bauverlauf
Die neue Behelfsbrücke basiert auf den bestehenden Stützen der alten Brücke. Deren Zustand stellte sich jedoch als weitaus schlechter heraus, als ursprünglich angenommen. Fachdienstleiter Carsten Uhlenbrock erinnerte sich an die Schwierigkeiten während der Bauarbeiten: „Schon beim Rückbau wurde deutlich, dass die Pfeiler in einem deutlich schlechteren Zustand waren als vorher erkennbar. Zum Jahreswechsel kam dann auch noch das Hochwasser dazu. Wochenlang konnten wir die Pfeiler überhaupt nicht erreichen.“ Trotz dieser unerwarteten Hürden konnte das Projekt dank des „unermüdlichen Einsatzes und vieler kreativer Überlegungen aller Beteiligten“ erfolgreich abgeschlossen werden.

Der Aufbau der Brücke begann schließlich im Juli, als die Stahlelemente angeliefert und vor Ort zusammengefügt wurden. Insgesamt 14.000 Teile, darunter 12.800 Schrauben und Bolzen, wurden verbaut. Die Brücke, die nun ein Eigengewicht von etwa 200 Tonnen aufweist, wurde in fünf sogenannten „Schüssen“ vom Marler Ufer Richtung Dorsten geschoben. Große Stahlplatten bilden den Untergrund der Brücke. Diese sind speziell gesichert, um eine stabile Querung der Lippe bei jeder Wetterlage zu gewährleisten. Für zusätzliche Sicherheit sorgen eine Absturzsicherung für Fußgänger und eine Schutzwand zwischen Fahrbahn und Gehweg.

Um die Stabilität der Lippebrücke zu gewährleisten, wurden in den Widerlagern und Pfeilern insgesamt 52 Kubikmeter Stahlbeton verbaut. Aufgrund der provisorischen Natur der Brücke bleibt sie jedoch für den Schwerlastverkehr gesperrt. Ausnahmen gelten nur für Busse der Vestischen sowie für Fahrzeuge von Feuerwehr und Rettungsdiensten. Die Verkehrsführung wird, wie bereits vor der Sperrung, durch eine Ampelanlage geregelt. Es gilt eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h sowie eine Gewichtsbeschränkung von 12 Tonnen.

Hintergrund und Ausblick
Die ursprüngliche Lippebrücke in Hervest stammte aus dem Jahr 1926. Sie wurde in den 1990er Jahren umfassend saniert. Eine Hauptprüfung im November 2018 hatte jedoch ergeben, dass das Bauwerk umfangreich saniert werden muss, da es mit der Zustandsnote 3,8 bewertet wurde. Die Notwendigkeit einer vollständigen Erneuerung der Brücke wurde daraufhin beschlossen, und der Kreistag gab im Juli 2020 grünes Licht für die Planung eines Ersatzneubaus. Um die Zeit bis zur Fertigstellung der neuen Brücke zu überbrücken, entschied man, eine Interimsbrücke auf den bestehenden Pfeilern zu errichten. Die Arbeiten konnten jedoch erst nach Abschluss der Bauarbeiten an der Lippebrücke in Datteln-Ahsen beginnen, um nicht zwei wichtige Lippe-Querungen gleichzeitig für den Verkehr zu sperren.

Mit der Eröffnung der Interimsbrücke in Hervest wird sichergestellt, dass die Region bis zur Fertigstellung des neuen Bauwerks weiterhin gut erreichbar bleibt, insbesondere für Rettungsdienste und den ÖPNV. „Dank des unermüdlichen Einsatzes und vieler kreativer Überlegungen aller Beteiligten haben wir für die Herausforderungen Lösungen gefunden, so dass wir heute die Verbindung zwischen Marl und Hervest wieder freigeben können,“ so Carsten Uhlenbrock abschließend.