Am 14. Oktober 2024 verstarb Anni Kappenberg im Alter von 86 Jahren in ihrer Heimatstadt Dorsten. Mit ihrem Tod verliert Dorsten eine unermüdliche Kämpferin für die Leseförderung und eine engagierte Kulturvermittlerin, die das Leben vieler Kinder nachhaltig geprägt hat.
Anni Kappenberg wurde am 16. Januar 1938 als Anni Schenk geboren. Sie widmete ihr Leben sowohl beruflich als auch privat der Förderung von Bildung und Kultur. Als Leiterin des Kindergartens St. Agatha am Westwall war sie fast drei Jahrzehnte lang für die frühe Bildung von Kindern verantwortlich, bevor sie 2002 in den Ruhestand ging. Doch anstatt sich zur Ruhe zu setzen, brachte sie ihre Energie und Expertise in ein Projekt ein, das ihre Heimatstadt noch heute prägt: das Netzwerk „Dorsten liest vor“.
Die Idee, dieses Netzwerk zu gründen, entstand nach den alarmierenden Ergebnissen der PISA-Studie. Gemeinsam mit Dr. Horst Grothus gründete Anni Kappenberg das Netzwerk, um Kindern durch Vorlesen die Freude am Lesen zu vermitteln. Dabei war sie davon überzeugt, dass die Verantwortung nicht nur bei Schulen und Pädagogen lag, sondern dass auch die Gemeinschaft einen Beitrag leisten könne. Mit Büchern unterm Arm besuchte sie Dorstener Kindergärten und Schulen, um ihre Begeisterung für das Lesen weiterzugeben.
Geschichten haben „eine unheimliche Kraft, Ruhe und Entspannung“
Anni Kappenberg setzte sich nicht nur dafür ein, Lesepaten zu gewinnen – innerhalb weniger Jahre wuchs das Netzwerk auf 70 Ehrenamtliche – sondern sorgte auch dafür, dass diese durch Workshops auf ihre Arbeit vorbereitet wurden. Sie betonte immer wieder, dass es beim Vorlesen nicht nur darum gehe, Worte zu vermitteln, sondern durch die Geschichten eine Welt zu öffnen, die Kindern Kraft, Ruhe und Freude schenke. Besonders gern las sie selbst Volksmärchen vor, die „den Kindern eine unheimliche Kraft, eine Ruhe und Entspannung vermitteln“, wie sie es einst beschrieb.
Ihr Engagement ging weit über das bloße Vorlesen hinaus. Unter ihrer Leitung entwickelte sich das Netzwerk „Dorsten liest vor“ zu einer festen Größe in der Bildungslandschaft der Stadt. In 14 von 15 Grundschulen sowie in 18 Kindergärten und Tagesstätten waren die Lesepaten regelmäßig im Einsatz. Diese Kontinuität war Anni Kappenberg besonders wichtig. Sie wusste, dass die Kinder sich auf diese regelmäßigen Besuche freuten und dass dadurch Vertrauen und Nähe entstanden.
Auszeichnung mit der Goldenen Ehrennadel der Stadt Dorsten
Für ihr unermüdliches Engagement wurde Anni Kappenberg 2018 mit der goldenen Ehrennadel der Stadt Dorsten ausgezeichnet. Diese Auszeichnung nahm sie stets bescheiden entgegen. Sie betonte vielmehr, dass dies auch eine Ehrung für ihre vielen Mitstreiter sei. Ohne deren Unterstützung sei das Netzwerk nicht möglich.
Neben ihrer Arbeit als Lesepatin und Koordinatorin des Netzwerks engagierte sich Anni Kappenberg viele Jahre im Vorstand des Vereins „Cornelia Funke Baumhaus“. Dieser Verein hat sich ebenfalls der kulturellen Bildung von Kindern und Jugendlichen verschrieben. Auch hier setzte sie sich bis zu ihrem Rücktritt 2016 mit Leidenschaft ein.
Anni Kappenberg wird in Dorsten nicht nur als eine Frau in Erinnerung bleiben, die Kindern die Welt der Bücher öffnete, sondern auch als eine, die mit Herz und Verstand für die Gemeinschaft arbeitete. Ihr Vermächtnis wird in den unzähligen Geschichten weiterleben, die dank ihrer Arbeit in die Kinderzimmer der Stadt getragen wurden.