Theoretiker und Denker. Studierter Physiker – und gläubiger Christ.
Vier Jahre Bürgermeister – Tobias Stockhoff
von: Marie-Therese Gewert
Dorsten. Er steht in der Öffentlichkeit – und wirkt wie der nette Junge von nebenan: Tobias Stockhoff. Bürgermeister von Dorsten. Auf vielen Terminen sind wir uns schon begegnet, wenn er Reden hält, Menschen in seiner Stadt willkommen heißt und Projekte unterstützt. Termine, auf denen sich Politik und Presse begegnen.
Praktischer Theoretiker und Denker
Er ist ein Bekannter – und doch unbekannt hinter seinem Amt. Schnell wird mir klar: Hier sitzt ein praktischer Theoretiker und Denker. Einer, der genau weiß, was er sagt. Ein studierter Physiker – und gläubiger Christ.
Er war als Kind Messdiener und in der christlichen Jugendarbeit aktiv. Noch heute geht er jeden Sonntag in die Kirche, genießt die Ruhe dort. Der Gottesdienst ist die eine Stunde in der Woche, in der sein Handy schweigt.
Als Experimental-Physiker ist ihm auch die berühmte Serie „Big Bang Theory“ mit der Figur Sheldon Cooper, theoretischer Physiker, ein Begriff. Früher hat er die Serie geschaut. Jetzt hat er keine Zeit mehr dafür. „Schließen sich Glaube und Logik nicht aus?“, mag sich manch einer fragen. Seiner Ansicht nach nicht. „Sie ergänzen sich sogar“.
Junge Union
Bürgermeister Stockhoff wollte nie wirklich in die Politik. Ein Schulkamerad fragte ihn, ob er Interesse daran hätte, in die Junge Union einzutreten – und gab ihm ein Anmeldeformular. Skeptisch wegen der Mitgliedsbeiträge, damals 24 Mark, schlummerte das Blatt Papier lange in seiner Schublade.
Bis er es hervorholte – im Jahr 1998. Am Tag der Wahlniederlage der CDU. Das Jahr, in dem er in die Junge Union eintrat.
Anders als erwartet fand Stockhoff zunächst gar nicht mal die Politik so spannend. Vielmehr interessierten ihn die Statistiken und grafischen Darstellungen in der Wahlberichterstattung. Sein Interesse an politischen Inhalten kam erst später hinzu. Er ist ein Sicherheitsmensch, entscheidet nachhaltig und mit Bedacht. Wählt die sichere Variante. Ohne Risiko, wenn ausreichend Zeit bleibt.
Kein Träumer
„Ich bin ein typischer Naturwissenschaftler“, sagt der 36-Jährige über sich selbst. Ein logischer Mensch. Praktisch veranlagt. Ordnungsliebend. Bodenständig und heimatverbunden. Manchmal ungeduldig. „Ich bin sehr fordernd. Ich erwarte viel. Aber nie mehr als von mir selbst“.
Er steht mit beiden Beinen fest auf dem Boden. Ist zuverlässig und pflichtbewusst, wie Freunde sagen. Kein Träumer, aber ein Visionär mit Ideen. Jedes Wort spricht er mit Bedacht. Politischen Problemen begegnet er mit analytischem Verstand. Wohl überlegt weiß er zu antworten. Stets aufgeschlossen und freundlich. Er hat Spaß daran, mit Menschen Lösungen zu finden. Erst recht, wenn die Herausforderung unterschätzt wird.
Er lebt für das, was er tut und will seine Heimat vorwärts bringen. „Für mich ist mein Beruf eine Berufung“, sagt er. Mit Fortschritt statt Stillstand und Mut gegen Machtlosigkeit setzt er sich ein. Für seine Stadt und ihre Menschen. „Wenn sie sich beschweren und sagen: Die Stadt muss“, sagt er ihnen: „Wer ist die Stadt? Du bist die Stadt – ein Teil von ihr“.
Zusammenhalt stärken
Steuern allein seien keine Lösung: Engagement für die Gemeinschaft könne dagegen viel bewirken. Und Menschen, die miteinander reden, nicht übereinander. Bürgermeister Stockhoff will Zusammenhalt stärken und stellt seine eigenen Interessen hinter die Interessen der Gemeinschaft. Schließlich habe jeder die Verantwortung für ein vernünftiges Miteinander. Sein Wunsch für Dorsten: Eine bessere Sozialstruktur, ein besserer Umgang miteinander.
Stockhoff hat sich zunächst sieben Jahre beim Technischen Hilfswerk, kurz THW, im Katastrophenschutz verpflichtet – als Wehrersatzdienst. Jetzt, wo er weniger Zeit hat, sagt er: „Das ist die Einschränkung, die am schmerzvollsten ist“. Mittlerweile ist er Mitglied in 15 Schützenvereinen in Dorsten, Gahlen und in der Partnerstadt Hainichen. Wo andere auf Tischen tanzen, kommt er dort lieber mit Menschen ins Gespräch.
Familie und Freunde sind wichtig
Privat ist er in einer „klassisch bürgerlichen Familie“ aufgewachsen. Seine Eltern waren nicht parteipolitisch. Der Vater Landmaschinenschlosser. Die Mutter Erzieherin. Er hatte als Kind ein Kaninchen und war früher regelmäßig auf dem Bauernhof seiner Großeltern auf der Kippheide in Wulfen.
Als er zwei Jahre alt war, schenkte ihm sein Opa eine Märklin-Eisenbahn. „Ich bin mir bis heute nicht sicher, ob er sie mir geschenkt hat, damit er selbst damit spielen kann“, lacht er. Seine Familie und Freunde sind ihm wichtig: „Bei ihnen kann ich mich zurückziehen. Dort sieht man mich als Tobias – nicht als Bürgermeister“. Er wohnt in Wulfen. Pendelt oft nach Rhade: „Da wohnt meine Freundin“.
Leistungskurs Mathe und Physik
Tobias Stockhoff ist in Dorsten aufgewachsen. Besuchte die Grundschule in Deuten. Ging zum Gymnasium Petrinum. Machte 2001 sein Abitur. Wählte Mathe und Physik als Leistungskurse. Der damalige Schulleiter Wolfgang Gorniak übergab ihm sein Zeugnis. Später begegneten sie sich wieder. In der Schule. Als Tobias Stockhoff Bürgermeister war – und Gorniak verabschiedete. „Wie das so ist. Einer kommt. Einer geht.“
Vier Jahre im Amt
Nach seinem Physikstudium an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster war er zunächst wissenschaftlicher Mitarbeiter, dann machte er sich 2012 bis 2014 selbstständig. Dadurch hatte er den Freiraum, zur Wahl des Bürgermeisters anzutreten.
Vier Jahre ist er nun im Amt. Nimmt seinen Job oft nicht als Arbeit wahr. Zuhause kocht er „Freischnauze“ – am liebsten isst er Grünkohl und zum Nachtisch Herrencreme. In seiner freien Zeit wandert er. Tobias Stockhoff reist eher in kühle Regionen, will unbedingt noch nach Norwegen und Schweden. Nicht in den heißen Süden Spaniens. Längere Flüge in die ferne Welt? „Eher weniger. Nicht, weil ich Angst habe, sondern weil es zu viel Zeit kostet“.