Guter Korn aus der Brennerei Dirk Böckenhoff wird zu Desinfektionsmittel weiterverarbeitet
Raesfeld-Erle. Das klare, hochprozentige Destillat läuft derzeit etwas schneller über die Böden der Brennerei Böckenhoff in Erle. Ziel ist es, aus dem Alkohol von Böckenhoff Desinfektionsmittel herzustellen.
„Der Kristallkorn wird zwar nur als Desinfektionmittel verwendet, ist aber trotzdem lecker. Viel zu schade eigentlich dafür“ sagt Kornbrenner Dirk Böckenhoff lachend am Mittwochmorgen nach einem kleinen Schluck seiner erstgezogenen Probe.
Desinfektionsmittel sind derzeit Mangelware
In Zeiten der Coronakrise läuft auch bei Böckenhoff alles ander, als gewohnt. Während gerade im Frühling der gute Korn sonst seinen letzten Feinschliff erhält, wird aktuell der „Hochgeistige“ aus dem Schatten der Erler Kirche nicht wie sonst in die eigenen Flaschen abgefüllt.
Desinfektionsmittel und Alkohol in reinster Form ist derzeit in Deutschland Mangelware. Das spürt auch Dirk Böckenhoff, denn seit mehreren Tagen laufen seine Brennereien auf Hochtouren. Mehrere 1000 Liter des guten Klaren brennt Böckenhoff für Apotheken. Im Betrieb sind derzeit beide Brennereien. Die Obstbrennerei in Dorsten und die Erler Brennerei, die den letzten Feinschliff macht.
Korn läuft schneller über die Brennböden
Um die großen Mengen zu schaffen, läuft der Korn schneller über die Brennböden, sprich, er werde zügiger destilliert als sonst, wie Böckenhoff sagt. Die Erler Brennerei schafft diese Menge locker. Zum Glück, denn bei vielen Schnaps- und Alkoholherstellern, die selber nicht mehr brennen oder nur in kleinen Mengen, wird der Vorrat an Alkohol knapp.
Deshalb habe Böckenhoff auch schon Anfragen aus der Region bekommen, ob er nicht etwas von seinem edlen Tropfen verkaufen möchte. Hier bleibt sich aber Dirk Böckenhoff treu. Außerdem würde dies dann auch seine Kapazitäten überfordern.
Getreide aus Dorsten und Wasser aus Haltern
Die Zutaten des 97,3 prozentigem Alkohols, der später als Desinfektionsmittel verwendet wird, sind genauso hochwertig wie sonst auch: Getreide aus Dorsten und Kirchhellen sowie Wasser aus den Halterner Sanden. Bedingt durch eine Ausnahmegenehmigung, die noch bis Mai läuft, hat der Zoll den Klaren von der Alkoholsteuer befreit. So kostet der Liter mit 97,7 % Vol. Alkohol rund 15 Euro.
Diese Ausnahmeregelung gelte allerdings nur für Apotheken und Reinigungsfirmen, nicht für Privatleute, denn dann sei er laut Bestimmung Trinkalkohol.
Aufarbeitung in den Apotheken
Bevor der Korn als Desinfektionsmittel zum Einsatz kommt, müssen die jeweiligen Apotheken vorab noch, damit die Haut nicht so austrocknet, ihn zu einem Teil mit Wasser, sowie Wasserstoffperoxid und Glyzerin aufarbeiten. „Dann ist das nach der WHO-Formel das fertige Desinfektionsmittel“, fügt Böckenhoff hinzu.
Noch zwei, drei Tage soll der Apotheker-Korn laufen. Dann muss aber auch wieder der Vorrat für den eigentlichen Verkauf, der Kristallkorn, aufgefüllt werden. „Wir können jetzt nicht alles in einem Topf schütten. Der Korn ist zwar auch 1 A-Ware, aber der richtige Kornkenner würde sagen, dass er anders schmeckt als sonst“. Und das soll auf keinen Fall so sein, denn trotz Coronakrise wird auch der neue Korn aus Erle seine hochwertige Qualität behalten.
Petra Bosse