Nach einer satirisch-kritischen Protestaktion gegen einen Informationsstand der AfD in der Dorstener Innenstadt hat sich die Polizei Recklinghausen zu den Vorwürfen eines Demonstrationsteilnehmers öffentlich geäußert. Die Polizei weist in ihrer Stellungnahme den Vorwurf zurück, der Protest sei unterdrückt oder ungerechtfertigt eingeschränkt worden. Vielmehr habe man, so heißt es, neutral agiert und das Spannungsfeld zwischen unterschiedlichen Grundrechten abgewogen.
Protest gegen AfD-Stand war angemeldet und bestätigt
Am 19. April 2025 hatten Mitglieder des Bündnisses „Recklinghausen – Es reicht!“ eine Demonstration gegen einen AfD-Infostand auf dem Platz der Deutschen Einheit in der Dorstener Innenstadt durchgeführt. Der Protest richtete sich nach eigenen Angaben friedlich und satirisch gegen rechtspopulistische Inhalte und war im Vorfeld ordnungsgemäß bei der Polizei angezeigt worden.
Die Polizei bestätigte die Anmeldung der Versammlung und bestimmte vor Ort, dass der Protest in Sicht- und Hörweite zum AfD-Stand stattfinden dürfe. Dabei sei es laut Polizeidarstellung darum gegangen, „die Sicherheit aller zu gewährleisten“ und eine Eskalation zu verhindern.
Unterschiedliche Darstellungen nach Beendigung der Aktion
Nach freiwilligem Abbruch der Versammlung durch die Protestierenden kam es zu weiteren Auseinandersetzungen. Peter Gerwinat, Sprecher des Bündnisses, berichtet in einem offenen Brief an Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen, dass er von Einsatzkräften aufgefordert worden sei, sich vom AfD-Stand zu entfernen. Zudem sei ihm bei weiterer Annäherung eine Anzeige wegen einer nicht genehmigten Versammlung angedroht worden.
Die Polizei widerspricht dieser Darstellung. „Platzverweise wurden zu keiner Zeit ausgesprochen“, so Ramona Hörst, Erste Polizeihauptkommissarin und Sprecherin der Polizei Recklinghausen. Die Polizei habe die Situation „neutral begleitet, um im Falle einer möglichen Eskalation eingreifen zu können“.
Polizei verweist auf Neutralität und Rechtsrahmen
In ihrer Stellungnahme betont die Polizei, dass sie grundsätzlich verpflichtet sei, sowohl die Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu schützen als auch Störungen oder strafbare Handlungen zu verhindern. „Politische Diskussionen und Provokationen, auch in strafrechtlichen Grenzbereichen, sind insbesondere in Wahlkampfzeiten bei Versammlungslagen nicht unüblich“, so Hörst weiter. Die Polizei dokumentiere das Geschehen vor Ort und nehme, wenn nötig, Personalien auf. Die strafrechtliche Bewertung erfolge durch die Staatsanwaltschaft.
Gesprächsangebot an Demonstrationsteilnehmer
Ramona Hörst kündigte zudem an, dass die Polizei den Dialog mit Peter Gerwinat suchen möchte. Ziel sei es, „die unterschiedlichen Perspektiven auf den Einsatzverlauf zu klären und Missverständnisse zu vermeiden“. Die Polizei sei sich der Sensibilität des Themas bewusst und wolle auch künftig transparent und offen mit Kritik umgehen.
Forderung nach Aufklärung und Diskussion über Grundrechte
Gerwinat hatte in seinem offenen Brief eine Überprüfung des gesamten Polizeieinsatzes gefordert. Der Eindruck, dass legitimer Protest durch Polizeihandeln eingeschränkt worden sei, müsse ausgeräumt werden, schrieb er. Die Versammlungsfreiheit sei ein „vitaler Ausdruck einer lebendigen und wehrhaften Zivilgesellschaft“.
Ob es in Folge des Vorfalls zu juristischen Konsequenzen kommen wird, ist bislang offen. Die Polizei kündigte an, weiterhin unparteiisch agieren und alle Versammlungen sachlich begleiten zu wollen.