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Wulfener Ehrenmal: Neuer Glanz zum 100. Geburtstag

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Mitten in Altwulfen steht das Ehrenmal, das seit 100 Jahren an die Opfer der Weltkriege erinnert. Dass es 1925 errichtet und bis heute gepflegt wird, ist vor allem dem Engagement der Wulfener selbst – insbesondere des Schützenvereins – zu verdanken. Nun erstrahlt es in neuem Glanz.

Fast genau 30 Jahre nach der letzten großen Renovierung, nach der das Ehrenmal zum Schützenfest 1995 feierlich neu eingesegnet wurde, ist das Denkmal nun wieder in schönem Zustand. Nach umfangreichen Arbeiten an der Grünfläche und der Fassade hat das Ehrenmal nun auch eine neue Beleuchtung erhalten.

Am vergangenen Dienstag (13. Mai) richtete Ingenieur Marco Bellmann vom Zentralen Gebäudemanagement die neuen Strahler ein. „Die alten Strahler sind nun erneuert, und die alten Leuchtstoffröhren über dem Engel durch ein modernes LED-Band ersetzt“, erklärte Bellmann. Die Strahler sind dabei so ausgerichtet, dass das Ehrenmal schön in Szene gesetzt wird, ohne in angrenzende Häuser zu leuchten. „Das LED-Band in der Kuppel dämpft dabei den Schlagschatten auf dem Engel, so dass sich ein stimmiges Bild ergibt“, so der Experte. Die Lampen sind dabei mit der Straßenbeleuchtung gekoppelt und gehen mit den Straßenlaternen an und aus.

Schützen Ehrenmal Herbstreinigung
Die Schützen übernehmen seit Jahrzehnten die Pflege rund um das Wulfener Ehrenmal. Foto: Borgwardt

Ein Gedenkort für alle Opfer

Das Ehrenmal ist längst nicht mehr nur ein Kriegerdenkmal, sondern ein Ort des Gedenkens an alle Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft.

Das Ehrenmal vor dem 2. Weltkrieg. Foto: Archiv Heimatverein Wulfen

Die ursprüngliche Idee für die ersten Ehrenmale war zu Anfang des 19. Jahrhunderts geradezu revolutionär: Nicht länger sollten nur hohe Fürsten, Könige oder Generäle Monumente erhalten, sondern auch einfache Soldaten. Diese ursprünglich aus Frankreich stammende Idee wurde in Deutschland bald übernommen.

Nach dem deutsch-französischen Krieg von 1870/71 und der Reichsgründung herrschte eine geradezu euphorische patriotische Stimmung. Viele der zu dieser Zeit aufgestellten Ehrenmalen verklärten alle Kriegsteilnehmer zu deutschen Helden. Ab 1890 konnte sich jede Gemeinde ein eigenes Denkmal schaffen, so dass an vielen Orten die heimischen Veteranen den Bau solcher Monumente vorantrieben.

Von einstiger Verklärung war nach dem Weltkrieg nur Trauer übrig

Von der verklärenden Stimmung, in der die frühen Kriegerdenkmale entstanden, war nach den Schrecken des Ersten Weltkrieges nicht mehr viel übrig. Die Opferzahlen der früheren Feldzüge wurden in der modernen Kriegshölle oft schon in einem einzigen Tag übertroffen, und viel mehr Männer waren nicht zurückgekehrt. Kriegerdenkmale waren zu Orten der Trauer und der Erinnerung geworden.

Hatte Wulfen nach 1871 nur drei Gefallene zu beklagen, waren es nun nach 1918 Dutzende gewesen. Einige Rückkehrer starben noch Monate nach Kriegsende an ihren Wunden. Unter diesem Eindruck wurde 1920 auch in Wulfen der Wunsch nach einem ehrenhaften Gedenken lauter. Es sollte fünf Jahre dauern, bis die 10.000 Reichsmark für den Bau des Ehrenmals durch Spenden im Dorf zusammen gekommen waren. 1925 wurde das Denkmal dann feierlich eingesegnet.

Doch schon 20 Jahre später sollte der Zweite Weltkrieg das Dorf erneut schwer treffen – 29 Zivilisten starben bei einem Luftangriff, 117 Soldaten kehrten nicht zurück.

Bombardierung Wulfen 1945
Kriegsschäden in Wulfen 1945. Foto: Stadtarchiv

Erinnerung an jüdische Wulfener

Ein Name auf dem Ehrenmal erinnert an ein besonderes Schicksal: Hermann Lebenstein, jüdischer Wulfener, gefallen 1915 im Ersten Weltkrieg. Er kämpfte wie viele seiner Mitbürger für sein Vaterland. Seine Familie war tief im Dorfleben verwurzelt. Bruder Josef war Viehhändler, Mitglied im Schützenverein, Feuerwehrmann und lebte mit seiner Frau Paula und den Kindern Herta und Günter mitten in Wulfen.

Nach 1933 änderte sich alles. Die Familie wurde ausgegrenzt, enteignet und 1938 zur Flucht gezwungen. In Amsterdam schien man zunächst sicher, doch 1944 wurden Josef, Paula und Günter nach Auschwitz deportiert und ermordet. Auch Tochter Herta und ihr kleiner Sohn Peter überlebten den Holocaust nicht. Nur Schwiegersohn Werner Münzer entkam.

Gesamtschule Wulfen Stolpersteine
Wulfener Schüler reinigen die Stolpersteine für Familie Lebenstein an der Matthäuskirche. Foto: GSW

Ähnlich erging es der Familie Moises, die seit dem frühen 19. Jahrhundert in Wulfen lebte und ebenfalls fest in der Dorfgemeinschaft verankert war. Josef Moises war Mitbegründer des Heimatvereins, Mitglied im Schützenverein und der Feuerwehr. 1938 wurde die Familie vertrieben. Zwei Töchter kamen im Lager Riga ums Leben. Josef Moises floh mit seiner Frau nach Palästina – seine Verbundenheit zu Wulfen blieb trotz allem bestehen.

Schützen pflegen das Denkmal und mahnen zum Frieden

Zum 100-jährigen Bestehen wurde das Ehrenmal nun erneut instand gesetzt. Der Schützenverein, der es über Jahrzehnte bewahrt hat, sieht es heute bewusster denn je nicht nur als Denkmal für gefallene Soldaten. Vielmehr soll es an alle erinnern, die durch Krieg, Verfolgung und Gewaltherrschaft zu Opfern wurden – auch an jene, deren Leid lange nicht gesehen wurde. Das Ehrenmal ist Mahnmal und Zeichen für Frieden und Zusammenhalt.

Für die Wulfener Schützen ist das Ehrenmal ein wichtiger Ort und eine Aufgabe. Foto: Schützenverein Wulfen

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