Glosse von Anke: Der Alltag ist schon ernst genug. Deswegen serviert die Dorstenerin Anke Klapsing-Reich zum Wochenende eine Portion Heiterkeit.
Rapunzel, lass mir Dein Haar herunter!
Rapunzel ist schon immer mein Lieblingsmärchen gewesen. Als Kind musste meine Mutter mir immer wieder dieses Märchen der Gebrüder Grimm vorlesen: „Rapunzel, Rapunzel, lass mir Dein Haar herunter …“ – wer kennt sie nicht, diese zentrale Rufformel, mit der sich tagsüber die Zauberin, und später dann nachts der schöne Prinz Zutritt zu der kleinen, fensterlosen Turmkammer verschafft, in der die Zauberin das heranwachsende Mädchen aus Furcht vor fremden Einflüssen von der Außenwelt abschirmt und festhält. Rapunzel lässt auf dieses Zeichen ihren langen Haarzopf aus dem Fenster hinabgleiten und schon klettert der Besuch zu ihr in den Turm hinauf und hinab.

Rapunzel auf der Bühne
Letzten Dienstag habe ich nun endlich Rapunzel & Co. persönlich kennengelernt. Der Puppenspieler Matthias Kuchta vom Figurentheater Lille Kartofler hat sie alle ins Forum der Volkshochschule mitgebracht, um das Märchen für Dorstener Kinder ab 4 Jahren zu spielen. Die wunderschönen, riesengroßen, handgebauten Puppen beeindruckten die kleinen Zuschauer_innen mächtig. „Rapunzel trägt die Gesichtszüge meiner Tante Almut“, verriet der leidenschaftliche Puppenspieler. Leider habe seine pfiffig-forsche Tante Rapunzel nicht mehr live auf der Bühne erleben können, aber er sei sicher: „Die hätte ihr sicherlich sehr gut gefallen!“
Atemlose Spannung
Mucksmäuschenstill verfolgte das junge Publikum, wie die erboste Zauberin dem „treulosen“ Mädchen die langen Haare abschnitt und dann Rapunzel – sowie kurz darauf den verführerischen, vorübergehend blind gewordenen Prinzen – in die Ödnis verbannte, nachdem sie Wind von den heimlichen Treffen bekommen hatte.
Happy End
Na, zum Glück haben sich die beiden Verliebten dann ja doch gefunden und als Zeichen ihrer Liebe auch noch zuckersüße Zwillinge in die Welt gesetzt. Ende gut, alles gut – so diktiert es das verpflichtende Happy-End!
Die Frage aller Fragen
Zu Hause habe ich dann mein Erinnerungsfoto mit Rapunzel einem guten Freund gezeigt, der meine Leidenschaft für dieses Märchen durchaus teilt. Allerdings hat ihn schon als Kind eine Frage umgetrieben, die bis heute unbeantwortet geblieben ist: „Warum hat sich Rapunzel nicht einfach selbst die Haare abgeschnitten, um damit aus ihrem Gefängnis zu klettern?“
Mir fällt dazu nur eine Antwort ein: Sie hat keine Schere gehabt!