Es ist wohltuend still hier im Franziskanerkloster. Es liegt mitten in der Stadt und dennoch fühlt sich jeder Besucher in eine andere Welt versetzt. „Wir sind ein Haus für ältere Brüder, ein Seniorenkloster, aber kein Altersheim“, erklärt Bruder Arnold, der Stellvertreter des Guardians Bruder Tobias die momentane Nutzung des Klosters.
„Wir versorgen uns hier abgesehen vom Mittagessen selbst und gehen auch noch seelsorgerischen Aufgaben nach. Dadurch, dass unser Kloster seniorengerecht gebaut wurde und wir Älteren die Möglichkeit haben, hier selbstbestimmt zu leben, wurde unser Kloster zum Glück noch nicht geschlossen“, freut er sich.
Dass der 79-jährige Vikar dem Franziskanerorden angehört, ist an seiner braunen Kutte, dem Habit, die mit einem weißen Strick zusammengehalten wird, ersichtlich. Die drei Knoten am Ende der Kordel, symbolisieren die drei Säulen Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam, zu denen sich die Brüder verpflichten.

Die Franziskaner gehören zur Bruderschaft, die der Heilige Franziskus von Assisi Anfang des 13. Jahrhunderts gründete. Sie sind keine Mönche, die in Einsamkeit für Gott leben und sich an ein Kloster binden, sondern Mitglieder einer Bruderschaft, die sehr bescheiden leben und in früheren Zeiten als Wanderprediger oder Missionare den Kontakt zur Bevölkerung suchten. Ihr Alltag ist geprägt vom religiösen Leben, der Arbeit sowie dem Leben in der Gemeinschaft. Sie selbst haben kein persönliches Eigentum, sondern teilen mit Menschen in Not. „Wir wollen in Gemeinschaft mit Gott in der Welt für alle Menschen da sein“, bringt Bruder Arnold den Sinn des Ordens auf den Punkt.
Die Geschichte des Ordens
Der Klosterbau in Dorsten ging auf einen blutigen Streit zwischen Ritter Goswin von Raesfeld und der Stadt Dorsten zurück. Der Bruder des Ritters, Franziskanerpater Antonius, schlichtete ihn und bekam dafür die Zusage für den Neubau eines Klosters, das 1448 gebaut wurde. Seit seiner Fertigstellung im Jahre 1493 sind die „Paters“ nun ein Teil des kulturellen und religiösen Geschehens in Dorsten. „Das Kloster mit seinem großen Garten bedeckte damals eine Fläche doppelt so groß wie das heutige Klosterareal und reichte vom Drubbel bis hin zum Westgraben bzw. Westwall“, weiß Bruder Arnold aus zahlreichen Berichten und Fotos.

Während des Dreißigjährigen Krieges diente das Kloster als Festung und Waffenlager der kaiserlichen Artillerie. Die Hessen vertrieben die Franziskaner kurzfristig aus der Stadt, sie kamen jedoch zurück und erbauten 1642 zusammen mit der Stadt Dorsten neben dem Kloster das Jungengymnasium Petrinum, das sie bis 1837 leiteten. Kloster und Kirche wurden am Ende des Zweiten Weltkrieges komplett zerstört, aber die Franziskaner bauten es zusammen mit Dorstener Bürgern und mit viel Herzblut an gleicher Stelle wieder auf, sodass beide Gebäude 1952 fertiggestellt geweiht und werden konnten.

Unter anderem auch bedingt durch die beiden Pfarreien St. Nikolaus und St. Johannes, die am Rand der Altstadt entstanden, sank die Anzahl der Kirchenbesucher. Kirche und Klostergarten wurden zu groß und unrentabel für die Franziskaner. Sie verkauften eine Hälfte ihres Grundstückes an die Kaufhauskette Woolworth und bauten Mitte der 70-er Jahre Kloster und Kirche zum dritten Mal wieder auf. Noch heute sind die Straßennamen „Klosterstraße“ und „Patersgasse“ Zeugen des alten Standortes.
Die Bruderschaft
Bis auf Bruder Tobias sind die weiteren sieben Patres, die im Seniorenkloster leben, bereits aus dem aktiven Berufsleben ausgeschieden. Sie waren als Pfarrer sowie im Missionar- oder Schuldienst beschäftigt, so auch Bruder Arnold, der am Petrinum Religion und Englisch unterrichtete. Wer nun jedoch davon ausgeht, dass die Brüder keinen festen Tagesablauf haben, der irrt. Ihr Alltag im Seniorenkloster wird bestimmt durch Beten, Arbeitszeit, Freizeit und Mahlzeiten. Zwei Abende in der Woche verbringen sie beim gemütlichen Zusammensein.
„Wir treffen uns vor dem Frühstück um 8:30 Uhr zum ersten Gebet des Tages, anschließend ist um 10:00 Uhr die Messe in der Klosterkirche. Um 12:00 Uhr finden wir uns ein zum Mittagsgebet, essen im Anschluss daran wieder gemeinsam und gehen bis zum Chorgebet um 18:30 Uhr unseren seelsorgerischen Tätigkeiten wie den täglichen Messen oder Krankensalbungen im Krankenhaus nach. Zudem bieten wir Seelsorgegespräche, Begleitungen bei Hochzeiten oder Beerdigungen sowie die Möglichkeit zur Beichte in der Klosterkirche an“, zählt Bruder Arnold mit freundlicher, ruhiger Stimme die Regeln und Aufgaben des Zusammenlebens in der Bruderschaft auf.
Nächstenliebe
Auch jetzt in Zeiten der Corona-Pandemie sind die Franziskanerbrüder im Auftrag der christlichen Nächstenliebe aktiv. So besteht unter Einhaltung der geforderten Hygieneregeln auch weiterhin jeden Morgen für Bedürftige und Nichtsesshafte die Möglichkeit zu einem Frühstück, ein Angebot, das regelmäßig von etwa zehn Personen dankend angenommen wird. Um weiterhin Menschen in Not zumindest morgens mit einem kleinen Frühstück zu versorgen, freut sich der Orden über Spenden. Wenn Sie die Brüder dabei finanziell unterstützen möchten, dann ist Ihre Hilfe gerne gesehen.
Spendenkonto Franziskanerkloster
DE62 4246 1435 0169 6960 00
BIC : GENOLDEM1KIH
Stichwort: “Frühstück”
Die Klosterkirche ist offen alle, die an den Gottesdiensten teilnehmen oder sie für ein stilles Gebet aufsuchen möchten. Sie ist täglich von 8:00 Uhr bis 18:00 Uhr geöffnet.
Fotos: Christian Sklenak und privat