Am Samstag fand in Dorsten, Suitbertusstr. 7, die feierliche Eröffnung des Deutschen Zentrums für Neurodivergenz bei Kindern statt.
Zahlreiche Familien kamen, um an der Informationsveranstaltung teilzunehmen, die sich insbesondere mit Hochbegabung, Temperament und sogenannten „Underachievern“ befasste.
Das Strategie- und Lenkungsteam, bestehend aus Alison Marburger, Sandra Engels, Dr. Stefanie Marzian und Daniela Kasche, verdeutlichte, wie das Schulsystem neurodivergenten Kindern oft eher schadet als hilft und welche Möglichkeiten Eltern haben, sie bestmöglich zu unterstützen.

Zentrum im Aufbau seit 2018
Den Auftakt der Veranstaltung bildete die Rede der stellvertretenden Bürgermeisterin Christel Briefs. „Das Zentrum schärft das Profil unserer Stadt deutlich. Es geht um Kinder und Jugendliche, die besondere Bedürfnisse haben, und darum, wie wir sie optimal fördern können. Während meines Lehramtsstudiums kam der Begriff Neurodivergenz kein einziges Mal vor. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir nun eine spezialisierte Fachberatungsstelle hier in Dorsten haben“, betonte Briefs.

Anschließend sprach Dr. Stefanie Engels, ebenfalls Mitglied des Strategie- und Lenkungsteams. „Mindestens 36.000 Kinder in Nordrhein-Westfalen sind neurodivergent, doch es gibt keinen einzigen Studiengang, der sich mit der gezielten Unterstützung dieser Kinder befasst. Das ist keine Lücke, das ist ein Krater“, kritisierte Engels scharf. „Stellen Sie sich vor, Sie wären 2,15 Meter groß und müssten Ihre Fahrprüfung in einem Opel Corsa absolvieren – Ihre Knie wären direkt neben Ihrem Kopf. Genauso fühlen sich neurodivergente Kinder im gegenwärtigen Schulsystem.“

Das Zentrum für Neurodivergenz bei Kindern wird von der Mr. Trucker Hilfe, dem Jugendamt und der Jugendhilfe unterstützt. Ziel der Einrichtung ist es, sowohl Fachkräfte als auch Eltern und Kinder mit praxisnahen Beratungen und Schulungen zu begleiten.
Was bedeutet Neurodivergenz?
Der Begriff Neurodivergenz beschreibt die Vielfalt menschlicher Gehirnfunktionen und Wahrnehmungen. Er umfasst neurologische Unterschiede, die sich in Denkweisen, Lernprozessen und Verhaltensweisen widerspiegeln. Dazu gehören unter anderem:
- Autismus-Spektrum-Störungen (ASS)
- ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung)
- Dyslexie (Lese-Rechtschreib-Schwäche)
- Dyskalkulie (Beeinträchtigung mathematischer Fähigkeiten)
- Hochbegabung
Im Gegensatz zu einem defizit-orientierten Ansatz betrachtet das Konzept der Neurodivergenz diese Unterschiede nicht als Störungen, sondern als natürliche Variationen des menschlichen Gehirns. Das Ziel ist es, Umgebungen zu schaffen, die neurodivergenten Menschen gerechter werden, anstatt sie an rigide Systeme anzupassen.