Dorsten (pd). Der Holocaust-Gedenktag am 27. Januar erinnert alljährlich an die Opfer des Nationalsozialismus, darunter rund sechs Millionen ermordete Juden. Er bezieht sich als Gedenktag auf den 27. Januar 1945, den Tag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz.
Auch in Dorsten wurden Juden verfolgt, geächtet, deportiert. Im Gedenkkalender unserer Stadt hat dieser Tag einen festen Platz. Seit Jahren ist es gute Tradition, dass das Amt für Schule (vormals Kultur) und Weiterbildung in Kooperation mit hiesigen Schulen Veranstaltungen organisiert.
Doch in diesem Jahr macht Corona die Präsenz-Vorhaben zunichte, geplante Aufführungen zum Leben von Anne Frank mussten entfallen. Stattdessen wurden Schüler der beiden Dorstener Gymnasien eingeladen, an einer Video-Konferenz über „Jüdisches Leben in Dorsten“ teilzunehmen.
Stadtführerin Barbara Seppi
Nicht nur für die Zehntklässler des Gymnasiums Petrinum, auch für Stadtführerin Barbara Seppi war der digitale Stadtrundgang auf jüdischen Spuren durch Dorsten eine Premiere – und sie gelang. Da die Corona-Pandemie die ursprünglich in Dorsten geplanten Präsenz-Veranstaltungen anlässlich des Holocaust-Gedenktages am 27. Januar durchkreuzt hatte, organisierte das Amt für Schule und Weiterbildung gemeinsam mit der Stadtagentur diese digitale Alternative.
Leben und der Arbeit der jüdischen Familien
Stadtinfo-Mitarbeiterin Barbara Seppi traf sich in zwei aufeinanderfolgenden Video-Konferenzen mit insgesamt rund 120 Schülern im Netz. Sie erzählte von den Anfängen der jüdischen Gemeinde, von dem Leben und der Arbeit der jüdischen Familien, von der Ausgrenzung und Deportation. Dabei lockerte sie ihren Beitrag mit historischen Bildern, Exponaten aus dem Jüdischen Museum und einem Lied in jiddischer Sprache auf, stellte Bezüge zu aktuellen Diskussionen her und gab Hinweise zur Vertiefung der Thematik. Petrinumlehrer Thilo Rissing dankte für dieses digitale Angebot: „Dieses Format sollten wir ruhig intensivieren“, schlug er vor.
Vormerken
In der kommenden Woche am 2. Februar findet noch einmal ein digitales Meeting zum jüdischen Leben in Dorsten mit Zehntklässlern des St. Ursula-Gymnasiums statt.
Mehr Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit
Bürgermeister Tobias Stockhoff, der alljährlich an den Veranstaltungen zum Holocaus-Gedenktag teilnimmt, freut sich, dass diese digitalen Angebote entwickelt wurden. „Wir spüren leider in unserer Gesellschaft, dass Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit zunehmen und einige sogar versuchen, diese Tendenzen – als angebliche Meinung – wieder salonfähig zu machen. Das wirksamste Mittel dagegen bleibt der offene Blick auf die dunklen Kapitel unserer Geschichte und die Lehren, die wir daraus ziehen können.“
Weiteres digitales Angebot
Ein weiteres digitales Angebot nimmt alle weiterführenden Schulen Dorstens in den Blick: Den Schulen wurde eine Video-Reihe ans Herz gelegt, die vom Anne Frank Haus in Amsterdam entwickelt wurde. In fünfzehn Folgen wird das Tagebuch der Anne Frank – das wohl eindringlichste Dokument der Judenverfolgung im Nationalsozialismus – auf YouTube gezeigt. Luna Cruz Perez teilt in der Rolle von Anne Frank ihr Leben, ihre Gedanken und Gefühle im Hinterhaus mit Hilfe einer Kamera.
Alle Personen, Orte und Ereignisse basieren auf Anne Franks Tagebuchbriefen. „Eine anachronistische Herangehensweise, von der sich Jugendliche sehr angesprochen fühlen“, ist Sabine Podlaha, Leiterin des Amtes für Schule und Weiterbildung, überzeugt und verweist damit auf einen weiteren Aspekt des Holocaust-Gedenktages, der über das Gedenken der Opfer hinausreicht: „Er dient auch dazu, auf aktuelle Tendenzen von Antisemitismus, Fremden- und Menschenfeindlichkeit aufmerksam zu machen, um ihnen frühzeitig begegnen zu können.“
Link zum Anne Frank Video-Tagebuch: https://www.annefrank.org/de/museum/web-und-digital/