Alexander Fichtner ist im dritten Teil seiner Reise durch das Baltikum auf den Weg nach Estland. Doch von da aus geht es noch über Ostsee hoch nach Skandinavien.
Nach fünf Tagen Aufenthalt in Riga geht der Trip weiter in den Norden nach Estland. Geplant war es erst mal bis nach Tallinn hochzufahren und von dort aus sehen, wo die Reise hingeht. Doch nach dem ersten Tag in Tallinn geht es spontan weiter über die Ostsee.
Beim Mittagessen im Restaurant Lido am Hauptbahnhof Riga fällt auf das die lettische Küche dem deutschen Essen sehr ähnlich ist. Dazu gibt es starke Einflüsse der russischen oder polnischen Kulinarik. Die Restaurantkette Lido ist für alle, die in Riga unterwegs sind, eine gute Möglichkeit, einen Eindruck in die Küche zu bekommen. Dazu sind die Restaurants in der ganzen Stadt verteilt und haben teilweise bis nachts auf. Somit sind die Gaststätten eine Alternative zum Standard-Fast Food am späten Abend. Außerdem sind sie günstig und einfach lecker. Doch weg vom Mittagstisch und raus aus dem Bahnhof.
Große Baustelle Bahnhof
Leider ist es sehr kompliziert, mit dem Zug von Riga nach Tallinn zu reisen. Vor dem Krieg in der Ukraine war es einfacher, von der lettischen Hauptstadt nach Sankt Petersburg zu fahren als hoch zur estländischen Hauptstadt. Das geht auf den Gleisausbau aus Sowjet Zeiten zurück. Das erste Mal im Zug in Baltikum fällt sofort auf das die Waggons einfach anders sind. Sie sind größer. Es sind die russischen Weitstreckenwagen. Die östlich von Warschau verkehren. Das ist auch der Grund, warum an vielen Ecken am Hauptbahnhof gebaut wird. Riga wird Teil der Rail Baltic Strecke und an das europäische Netz angeschlossen. Dadurch wird es möglich sein, von Brüssel über Warschau mit dem Zug hoch bis nach Tallinn und unter der Ostsee mit der Eisbahn bis nach Finnland zu fahren. Doch erst mal muss man mit dem Fernbus als zuverlässiges Verkehrsmittel zurückgreifen.
Ab in den Bus nach Tallinn
Am Busbahnhof angekommen ist es erst mal schwierig, sich zu orientieren. Wo fährt welcher Bus? Wo bekomm ich noch etwas Proviant für die Reise? Von hier aus gehen die Fernbusse in alle Richtungen. Vilnius in Litauen, Sankt Petersburg oder in 20 Stunden ohne umzusteigen im Omnibus nach Berlin. Nachdem die Versorgung am Kiosk mit einer Mohnschnecke, einer Flasche Wasser und ein Päckchen Erdnüsse im Rucksack verstaut ist, geht es in den Bus. Viereinhalb Stunden fährt der Bus durch spannende Landschaft.
Es geht entlang der Küste hoch immer wieder eröffnet sich durch die dichten Wälder der Blick auf das Baltische Meer. Links und rechts sieht man nur Bäume und vereinzelt Häuser. Man merkt auf dieser Strecke sofort, dass das Baltikum einfach nicht so dicht besiedelt ist . 232 Bewohner pro km² in Deutschland und in Lettland sind es lediglich 30 Einwohner. Ab und zu werden die Wälder von durch Birkenbäume aufgelockert. Ein kurzer Stopp in Pärnu (Estland), dann fährt der Bus weiter. Pärnu ist ein alter Badeort. Auch heute kann man bei der Durchfahrt der Stadt, den mondänen Charme an der Bäder Architektur einiger Häuser erkennen.
Busbahnhof Tallinn
Etwas außerhalb gelegen geht es von hier erst mal ins Hostel. Einchecken, duschen und schlafen. Am Morgen geht es in die Altstadt von Tallinn war eins eine bedeutende Hansestadt und wurde über die Jahre immer wieder zum Zankapfel verschiedener Rivalen. Reval, wie die Hauptstadt früher genannt wurde geht auf eine Holzburg aus dem 12 Jahrhundert zurück aus dieser Zeit stammt wohl auch der Hafen. 1710 hatte die Stadt nach der Belagerung von Russland und einer Pestepidemie nur noch 2000 Einwohner. Doch etwa 150 Jahre später ist die Bevölkerungszahl bereits auf 31.000 Bewohner angewachsen. Das zeigt die Bedeutung der Stadt am Finnischen Meerbusen. Sehenswert ist die mittelalterliche Innenstadt mit ihren vielen Kirchen und Handelskontoren. Doch leider wissen das auch die Kreuzfahrtschiffe, die nicht mehr Sankt Petersburg anlaufen, sondern jetzt Reval.
Mittlerweile ist die Altstadt mit dem Domberg extrem überlaufen. Zahllose Touristengruppen von Kreuzfahrtschiffen schieben sich durch die Innenstadt. Das macht einfach kein Spaß. Also Auswahlmöglichkeiten finden und das beste raus machen.
Alternativen gibt es einige.
Moskau 1980
Sofort fällt der Blick zur Küste und Linnahall. Der Ort ist eine große Ruine direkt an der Ostsee. 1980 fanden die Olympischen Spiele in Moskau statt, aber da die Metropole nicht am Meer liegt, wurde in Tallinn Linnahall gebaut. Hier wurden die Segel Meisterschaften ausgetragen. Ein gigantisches Bau der einen tollen Ausblick auf die Altstadt und die einfahrenden Schiffe des Hafens bietet. Der 6000 m² große Innenraum konnte für Konzerte und Veranstaltungen genutzt werden und zeigt so die waren Ausmaße. 5000 Sitzplätze plus Stehplätze bot die Halle. Noch heute ist es ein beliebter Treffpunkt für Einheimische. Nach einem Spaziergang um und über das Gelände fällt der Blick übers Meer auf ein spannendes Gebäude.
Einbruch ins Gefängnis in Tallinn
Das halb verfallene Haftanstalt Patarei liegt direkt am Meer. Früher war der Zugang schwer möglich. Man musste ins Gefängnis einbrechen. Durch eine halb eingestürzte Wand und dann über eine Mauer klettern. Bei diesen erneuten Besuch einige Jahre später ist das einfacher. Jetzt ist es ein Museum, was man besichtigen kann wo man nicht mehr einbrechen muss. Bis ins Jahr 2002 war die ehemalige Seefestung noch als Gefängnis in Betrieb. Die wirklich düsteren Zellen wirken wie aus einem Horrorfilm entsprungen. Man bewegt sich jetzt frei durch die Gänge und kann wirklich einen faszinierenden, wenn auch unheimlichen Einblick in das alte Gemäuer gewinnen. Es richt noch immer modrig und man kann sich nur schwer die Schrecken vorstellen, die sich hier zugetragen haben.
Während der deutschen Besatzung war die ehemalige Festung ein Arbeits- und Konzentrationslager. Es waren bis zu 4500 Gefangene hier eingepfercht.
Noch heute wirkt das Gefängnis bedrückend. Man möchte sich nicht vorstellen, wie die Insassen in ihre Zellen eingesperrt waren und auf die Ostsee blickten. Heute ist ein weiter Teil Partylocation. Viele kleiner Bars befinden sich in einem Innenhof des Gebäudes und das ehemalige Sperrgebiet am Meer bietet sich zum Verweilen an.
Von dort geht es zu einem Spaziergang über das Gelände nach Lennusadam. Der alte Wasserflugplatz von Tallinn. Charles Lindbergh, der als erster den Alleinflug über den Atlantik wagte, landete hier in den 1930ern. Die großen Hanger am Wasser sind nun ein Museum und prägen noch immer die Küstenlinie. In den Ausstellungshallen und dem Außengelände zeigt sich die Welt der Technik. So findet sich in der Hangerhalle die Lembit. Das U-Boot wurde 1937 in Dienst gestellt und fuhr bis 1979 in der Ostsee. Ein Oldtimer unter den U-Booten. Seit der Außerdiensstellung ist es ein Museumschiff. Hier wird die Idee geboren auf die Ostsee hinaus zu fahren.
Die Überfahrt
Weil Tallinn ja nur 81 km südlich von Helsinki entfernt ist, gibt es einen regen Fährverkehr. Finnen fahren zum Alkohol-Kauf nach Estland und Esten pendeln mit der Fähre zur Arbeit. Es ist wie Bus oder Bahn fahren. Online oder am Automaten vor Ort schnell ein Ticket gekauft und es geht direkt los.
Wie sich die Überfahrt und der Aufenthalt in Helsinki gestaltet, erfahrt ihr nächste Woche.
Die vorigen Teile findet ihr hier
Teil 1: Riga in einem neuen Klima
Teil 2: Rooftopping in Riga