Bei der Seniorenbegleitung Dorsten ist Winfried Dammann eine Stütze für viele ältere Menschen
Der Frührenter bringt mit seinem ehrenamltichen Einsatz Licht in die Herzen der Senioren. Dafür wurde der bei der Ehrenamtsgala der Stadt Dorsten 2018 geehrt (wir berichteten über die Gala 2018)
Winfried Dammann ist 62 Jahre alt. Als er als Frührentner mit 55 Jahren plötzlich den ganzen Tag über zu Hause war – seine Frau war und ist noch halbtags berufstätig – kam ihm die Idee, im Rahmen eines Mini-Jobs als Lieferservice „Essen auf Rädern“, noch ein wenig Geld hinzuzuverdienen.

Im Rahmen seiner Hausbesuche lernte er bald eine für ihn neue Seite des Lebens kennen: einsame und alte Menschen, deren einziger Kontakt zur Welt die Pflegedienste und der Lieferservice für das Mittagessen waren. Menschen, die abseits familiärer und freundschaftlicher Kontakte immer stärker vereinsamten, umgeben von Nachbarn, Geschäften, öffentlichen und privaten Angeboten, die sie nicht kannten oder nicht wahrnehmen konnten.
Mit Herrn Bechter und einigen Helfern baute er die Seniorenbegleitung Dorsten weiter aus, deren Ziel es ist, einsame ältere Menschen oder Personen mit Handicap aus der Isolation zu holen und sie zum Arzt zu begleiten, mit ihnen einzukaufen, beim Ausfüllen von Formularen zu helfen und Anträge für die Pflegekasse zu stellen. Mit Hilfe und viel Unterstützung der Fachfrau im Rathaus, Frau Hasenaecker, arbeiten heute rund 30 Personen in der Seniorenbegleitung Dorsten und machen das Leben isolierter Menschen wieder bunt und lebenswert.

Winfried Dammann hat regelmäßige Treffen angestoßen und etabliert: es gibt Frühstückstreffen im Ellerbruch-Treff und jeden Montag Kaffee und Kuchen. Dabei wird er unterstützt von den aktiv Ehrenamtlichen des Ellerbruch-Treffs und aus der Gemeinde St. Josef. Auch das Brunnenplatz-Café entstand dank seines Engagements – hier ist die ebenerdige Lage für solche Menschen wichtig, die Schwierigkeiten mit dem Gehen haben.
Seid 2Jahren arbeitet Winfried Dammann mit anderen am Aufbau eines Offenen Heiligen Abends für Hervest – damit auch in seinem Stadtteil Menschen die Möglichkeit haben, an einem der schwierigsten Feiertage für einsame Menschen, sich zu treffen und miteinander zu reden.
Fragen und Antworten
Moderator Michael Maiß: Herr Dammann, Sie sind ein echter Hervester und stehen für ihren Stadtteil. Sie sind praktisch Vater der Idee, Menschen in ihrem Ortsteil gemeinsam an den Tisch zu setzen, damit sie miteinander reden und zwischenmenschliche Kontakte aufbauen, die sie zuvor durch Jahre der Einsamkeit verloren hatten. Wie sind Sie dazu gekommen?
Winfried Dammann: Ich wurde Frührentner und fand das Leben als Hausmann extrem langweilig. Meine Frau arbeitet noch halbtags, ich bekam rasch Langeweile und suchte mir einen Mini-Job als Lieferant für Essen auf Rädern bei der Caritas.
Da bin ich ganz schön rumgekommen und habe wirklich erstmals in meinem Leben Menschen erlebt, die sich darüber gefreut haben, dass das Essen geliefert wurde. Aber nicht, weil sie Hunger hatten, sondern weil ich einer der wenigen war, mit denen sie Kontakt hatten. Menschen, deren Familien weit entfernt leben, Menschen, die als letzte übergeblieben sind, weil Geschwister und Freunde alle schon tot sind. Menschen, die Ewigkeiten nicht mehr selbst ausgegangen sind und deren einzige Kontakte zur Aussenwelt die medizinischen Pfleger der Krankenkasse sind, die morgens die Stützstrümpfe anziehen und abends wieder aus….
Diese Einsamkeit hat mich dazu bewegt, mich im Seniorenbegleitung Dorsten zu engagieren. Dabei hilft man den Menschen beim Ausfüllen von Formularen und Arztbesuchen. Aber das kann nicht alles sein – und deshalb gibt es heute auch eine ganze Reihe von Treffpunkten für Menschen, die im Wesentlichen alleine Leben: z.B. den Ellerbruch-Treff, das Keller-Café St. Josef und das Torhaus am Brunnenplatz. Dort werden etwa ehrenamtlich regelmäßige Frühstücke angeboten oder Kaffee und Kuchen-Nachmittage. Das gemeinsame Essen bricht dabei die persönlichen Schwellen, Menschen reden miteinander, die Einsamkeit und Vereinsamung wird unterbrochen und mit der Zeit immer weniger. Menschen haben wieder Spaß und Freude. Das ist mir wichtig.
Moderator Michael Maiß: Eine noch ganz junge Idee ist der Aufbau eines Offenen Heiligen Abend, ähnlich wie in Holsterhausen.
Winfried Dammann: Wir kannten den Erfolg der Idee aus Holsterhausen. Frau Schäfer hat ja gerade so lebendig berichtet, wie der Offene Heilige Abend in Holsterhausen entstanden ist und inzwischen 100 Personen anzieht. Unser Pfarrer hat dann angeregt, auch für die Einsamen und Armen in unserem Stadtteil Hervest einen solchen festlichen Weihnachtsabend zu gestalten, im ersten Jahr hatten wir dann sechs Gäste, im letzten Jahr – es war unser zweiter – waren wir bei 12 Gästen. Offenbar besteht da echter Bedarf.
Moderator Michael Maiß: Sie scheinen gut ausgelastet zu sein in ihrem Ehrenamt. Denn nebenbei machen Sie ja auch noch Sprechstunden und Beratungen im Seniorenbeirat, dem Sie angehören.
Winfried Dammann: Das mit dem Seniorenbeirat war eigentlich der zweite Schritt, gleich nachdem ich mit der Seniorenbegleitung angefangen habe. Inzwischen haben wir auch die Taschengeldbörse etabliert und arbeiten da an fünf Standorten.
An dieser Stelle möchte ich auch nochmal sagen: Das alles bin nicht ich allein – da helfen ganz viele andere mit, übernehmen Verantwortung für einzelne Bereich und helfen bei der Vorstandsarbeit. Wir wollen nicht erleben, dass einer von uns wegbricht und das Team fällt auseinander. Zusammenarbeit ist uns wichtig und auch die gemeinsame Arbeit im Team. Und dafür möchte ich allen danken, die uns dabei unterstützen.