Die geplante EU-weite Reform der Führerscheinregeln bringt Erleichterungen für ältere Autofahrer. Nach langen Verhandlungen zwischen dem Europaparlament und den Mitgliedsstaaten steht fest: Es wird keine verpflichtenden Gesundheits- oder Fahrtests für Senioren am Steuer geben.
Ursprünglich hatte die EU-Kommission vorgeschlagen, Führerscheine von Menschen über 70 Jahren alle fünf Jahre zu überprüfen und dafür verpflichtende Gesundheitstests einzuführen. Dieser Vorschlag stieß jedoch auf Widerstand – auch aus Deutschland. Bundesverkehrsminister Volker Wissing hatte sich klar gegen verpflichtende Fahrtests ausgesprochen und eine freiwillige Lösung bevorzugt.
Führerschein bleibt 15 Jahre gültig
Künftig wird der EU-Führerschein 15 Jahre gültig sein. Für die Verlängerung können die Mitgliedsländer ärztliche Untersuchungen verlangen – müssen es aber nicht. Alternativ kann auch eine Selbstauskunft über den eigenen Gesundheitszustand genügen. Dieser Kompromiss soll den unterschiedlichen Vorstellungen in den Mitgliedsstaaten Rechnung tragen.

Mehr digitale Lösungen und neue Standards
Ein weiterer Bestandteil der Reform: Bis 2030 soll ein digitaler EU-Führerschein Standard werden. Autofahrer sollen ihre Fahrerlaubnis dann über das Smartphone abrufen können. Wer möchte, kann aber auch weiterhin einen physischen Führerschein beantragen. Außerdem wird in allen EU-Ländern eine einheitliche Probezeit von zwei Jahren eingeführt, die nach bestandener Prüfung gilt.
Kritik und Diskussion
Verkehrssicherheitsverbände und Teile der Politik äußern Kritik am Verzicht auf verpflichtende Tests für Ältere. Sie verweisen auf Studien, die zeigen, dass mit zunehmendem Alter Reaktionsvermögen und Konzentrationsfähigkeit nachlassen können. Die EU hingegen betont, dass das Thema Altersdiskriminierung bei den Beratungen eine Rolle spielte – und dass Gesundheitsprobleme nicht allein eine Frage des Alters sind.
Wie geht es weiter?
Bevor die neuen Regeln endgültig in Kraft treten, müssen sie noch formal vom Rat der Mitgliedstaaten und vom Europäischen Parlament angenommen werden. Das gilt jedoch als Formsache.
Die EU setzt beim Thema ältere Autofahrer auf Vertrauen und Eigenverantwortung statt auf Zwang. Ob die freiwillige Lösung reicht, um die Sicherheit auf Europas Straßen zu gewährleisten, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.
Anteil älterer Autofahrer steigt stetig
In Europa sind derzeit rund 100 Millionen Führerscheine im Umlauf. Der demografische Wandel sorgt dafür, dass der Anteil älterer Autofahrer stetig steigt. In Deutschland besitzen laut Statistischem Bundesamt über neun Millionen Menschen im Alter von über 70 Jahren einen Führerschein – Tendenz steigend.
Das schlägt sich auch in den Unfallzahlen nieder: Im Jahr 2024 wurden im Kreis Recklinghausen und der Stadt Bottrop 413 Seniorinnen und Senioren bei Verkehrsunfällen verletzt. Das ist eine Steigerung von über zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr.