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8. Mai, Tag der Befreiung: 80 Jahre nach dem Kriegsende in Dorsten

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Am 8. Mai 1945 ging der Zweite Weltkrieg in Europa zu Ende – ein Tag, der auch für Dorsten ein Wendepunkt war. Der „Tag der Befreiung“ brachte das Ende der nationalsozialistischen Diktatur, die Millionen Menschen über Jahre hinweg unterdrückt hatte. Er markierte den Beginn eines neuen Kapitels in der Geschichte der Stadt.

Doch der Tag war nicht nur ein Moment der Erleichterung, sondern auch von Trauer. Oft erst später folgte eine tiefe Reflexion über die Verbrechen des NS-Regimes, die auch in Dorsten ihre Spuren hinterlassen hatten.

Dorstener Jahre unter der Naziherrschaft

Die Jahre des Nationalsozialismus hinterließen tiefe Wunden in Dorsten. Wie in vielen anderen deutschen Städten begann mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten auch hier eine systematische Verfolgung und Ausgrenzung von Minderheiten, insbesondere der jüdischen Gemeinde. Dorstener Juden, die über Jahrhunderte hinweg eine tragende Rolle im städtischen Leben gespielt hatten, sahen sich bald mit Diskriminierung, Berufsverboten und Gewalt konfrontiert. Die Zerstörung der Synagoge während der Pogromnacht 1938 war nur ein weiterer trauriger Höhepunkt dieser Entfremdung.

Propaganda mitten im Weltkrieg: Ansprache auf dem Marktplatz. Foto: Stadtarchiv

Im Zuge der Deportationen zwischen 1941 und 1942 wurden die letzten jüdischen Dorstener Bürger in Konzentrationslager verschleppt. Unter dem Vorwand einer „Evakuierung“ wurden sie in die Vernichtungslager von Auschwitz, Sobibor und Theresienstadt deportiert – Orte des unvorstellbaren Leidens und des Todes. Familien wie die Moises aus Wulfen oder die Lebensteins aus Lembeck wurden Opfer dieser Brutalität, ihre Schicksale stehen stellvertretend für das Leid, das viele Dorstener ertragen mussten.

Zu den Opfern gehörte auch die Familie Lebenstein aus Lembeck. Sie wurden umgebracht oder vertrieben. „Was haben wir nur gemacht, dass man so mit uns umgeht?“, sagte Bertha Lebenstein kurz vor ihrer Verschleppung. Foto: Dorsten unterm Hakenkreuz

Doch das Ausmaß des NS-Regimes in Dorsten beschränkte sich nicht nur auf die Verfolgung von Juden. Auch andere Minderheiten, politische Gegner und Zwangsarbeiter wurden Opfer der menschenverachtenden Ideologie der Nationalsozialisten. Dorstener Fabriken zwangen viele ausländische Arbeiter zu harter Arbeit unter extremen Bedingungen, und auch viele von ihnen fielen dem Regime zum Opfer.

Der „Tag der Befreiung“ – Der Einmarsch der Amerikaner

Ende März 1945 rückten die amerikanischen Truppen in das Ruhrgebiet vor, der industrielle Mittelpunkt Nazi-Deutschlands. Am 28. März begannen die Truppen der 9. US-Panzerdivision ihren Vormarsch auf Dorsten.

Zu diesem Zeitpunkt war die Stadt bereits stark zerstört durch wiederholte Bombenangriffe. Die Zerstörung von Gebäuden, das Bild von Trümmern und rauchenden Ruinen war allgegenwärtig und prägte den Charakter der letzten Kriegstage. Doch die deutschen Truppen, die noch bis kurz vorher versuchten, das Ruhrgebiet zu verteidigen, hatten sich nun größtenteils zurückgezogen, und der Widerstand war fast gebrochen.

Amerikanische Soldaten am Essener Tor im März 1945. Foto: Stadtarchiv

„Als die ersten amerikanischen Fahrzeuge in die Stadt einrückten, war es ein surrealer Moment“, erinnerte sich ein Zeitzeuge. „Wir wussten, dass der Krieg endlich vorbei war, aber die Zerstörung um uns herum war überwältigend. Es war ein Tag der Erleichterung, aber auch der Trauer – für das, was wir alles verloren hatten.“

Alliierte Soldaten 1945 auf einem Churchill-Panzer aus britischer Produktion, Nähe des heutigen Gemeindedreiecks. Foto: Stadtarchiv

Die amerikanischen Soldaten trafen in einer zerschlagenen Stadt auf eine erschöpfte und verängstigte Bevölkerung. Der Widerstand war so gut wie aufgelöst, und die Dorstener, die noch vor Ort waren, erlebten den Einmarsch als eine Mischung aus Erleichterung über das Ende der Naziherrschaft und Trauer über das, was der Krieg hinterlassen hatte.

Zerstörungen am Marktplatz, 1945. Foto: Stadtarchiv

Die Verbrechen des NS-Regimes in Dorsten

Der 8. Mai 1945 war jedoch mehr als nur der militärische Sieg der Alliierten. Es war auch der Beginn eines langen Prozesses der Auseinandersetzung mit den Verbrechen, die das Nazi-Regime in Dorsten und ganz Europa begangen hatte. Die Erinnerung an die Opfer des Holocausts, die Verfolgung und Ermordung der jüdischen Bevölkerung, die Zwangsarbeit und die unzähligen Kriegsverbrechen müssen auch 80 Jahre nach Kriegsende immer wieder ins Bewusstsein gerufen werden.

Die Reste der Agathakirche zum Kriegsende. Foto: Stadtarchiv

Der 8. Mai markierte nicht nur das Ende der Diktatur, sondern zwang auch dazu, sich mit der eigenen Rolle als Täter und Opfer auseinanderzusetzen. Auch in Dorsten gab es Bürger, die aktiv am System des Nationalsozialismus beteiligt waren, sei es als Mitläufer, als Soldaten der Wehrmacht oder in anderen Funktionsträgerpositionen. Der „Tag der Befreiung“ ist nicht nur ein Moment des Gedenkens an die Opfer, sondern auch eine Mahnung, dass die Täter der Vergangenheit in der Gesellschaft oft nicht so weit entfernt waren wie wir gerne glauben würden.

Die Zerstörung der jüdischen Gemeinde in Dorsten war ein gravierendes Verbrechen, aber sie war nur ein Teil des gesamten Ausmaßes der Brutalität des NS-Regimes. Auch die Zwangsarbeiter, die unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten mussten, und die politischen Gegner, die verfolgt und ermordet wurden, sind Teil dieses dunklen Erbes.

80 Jahre nach dem Kriegsende – Erinnerung und Verantwortung

Im Jahr 2025, 80 Jahre nach dem Kriegsende, steht Dorsten erneut vor der Herausforderung, sich mit dieser dunklen Vergangenheit auseinanderzusetzen. Es ist eine Aufgabe, die auch heute noch nicht abgeschlossen ist. Das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus ist nach wie vor ein wichtiger Bestandteil des öffentlichen Diskurses. Stolpersteine und Gedenktafeln erinnern in Dorsten an die vielen Menschen, die während der Naziherrschaft verfolgten wurden und ihr Leben verloren.

Gesamtschule Wulfen Stolpersteine
Schüler reinigen 2024 die Stolpersteine an der Matthäuskirche. Foto: Archiv / GSW

„Erinnern heißt, der Unmenschlichkeit zu trotzen“, sagte der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker. Diese Worte sind ein Aufruf, den Frieden zu bewahren, der mit dem Kriegsende begann, und die Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen. Der „Tag der Befreiung“ ist nicht nur ein Gedenken an die Befreiung vom Nationalsozialismus, sondern auch eine Mahnung, dass das, was damals geschah, sich nie wieder wiederholen darf.

Museumsleiterin Dr. Pieren und Bürgermeister Stockhoff bei der Kranzniederlegung im Jahr 2023. Foto: Alexander Fichtner

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